Sonntag, 7. August 2011
Seine Weltsicht nach der Reise
Auch nach der Reise werde ich unter dem Thema: „Seine Weltsicht“ meine persönliche Meinung zur aktuellen Weltpolitik festhalten. Es ist auch eine Sicht auf das Land in dem wir leben. Mitteilenswert halte ich Vorgänge, die von den herrschenden Medien unterbelichtet werden. Ich versuche mich nicht dem herrschenden Zeitgeist anzupassen, der wider besseres Wissen historische Ereignisse ausblendet, der die Wahrheit eigenen Interessen opfert und der mit zweierlei Maß misst.

Grenzen der Freiheit 4/12
Wer die Politik des Staates Israel (Krieg und Unterdrückung) kritisiert, wird als Antisemit in die Ecke gestellt. Die gesamte politische Elite und die Elite der Massenmedien schwingt die Keule des Antisemitismus.
Wer gegen Krieg ist, den der Westen für die Freiheit des Abendlandes gegen andere Länder führt (Jugoslawien, Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien, Iran?), wird als Linker beschimpft und als Pazifist in die Ecke gestellt.
Wer politisch links denkt, wird als Linksextremist in eine Ecke und mit den extrem Rechten auf eine Stufe gestellt.
Wer „staatstragend“ in der DDR war, bekommt Berufsverbot oder wird mit Strafrente belegt. Die komplette Elite dieses Landes schwingt sich mit der politisch instrumentalisierten Stasikeule auf ihn.
Wer meint, die DDR war nicht nur Diktatur, wird als Kommunist beschimpft oder als rote Socke abgestempelt.
Wer arm ist und Hartz IV beantragt, wird erst einmal als Sozialschmarotzer verdächtigt.
Usw. usw.


Tagebuch einer Revolution 3/12
Ein sehenswertes Video über den arabischen Frühling, mit Ansichten eines Deutschen über Syrien bis Libyen, weit ab vom sonst üblichen Mainstream. http://www.youtube.com/watch?v=XzWg-SByMrM


Die unheimliche Macht der Geheimdienste 3/12
Hier ein interessantes Video, das leider zu unmöglichen Sendezeiten läuft, im Gegensatz zum Thema Stasi, Stasi und nochmals Stasi. Was hat das Video mit Gauck zu tun? Warum setzt sich der freiheitsliebende Gauck nicht für die Abschaffung der Geheimdienste ein? Auf diese Fragen gibt das Video keine Antwort, höchstens zwischen den Zeilen, bzw. Bildern.
Der Spion, den ich liebte
Teil 1 : http://www.youtube.com/watch?v=OmE-_ynHGIc ,
Teil 2 : http://www.youtube.com/watch?v=pMVqTR5LF40 ,
Teil 3 : http://www.youtube.com/watch?v=3Vsip_HNaY4&feature=related,
nur 597 Aufrufe, ca. 37 Min.
Aber das Video stellt Fragen, die im Mainstream der Medien wenig gestellt werden. Brauchen wir noch Geheimdienste? Darf ein Geheimdienst töten oder Menschen manipulieren?
Bekannt ist letztere Praxis des zweitältesten Gewerbes der Welt hierzulande nur von der Stasi, so scheint es. Der Spielfilm "Das Leben der Anderen" rührt an, macht wütend und sprachlos. Wie war so etwas möglich, unter dem Banner des Sozialismus? So fragen sich die einen. Für andere ist es nur die Bestätigung dessen, was sie schon immer „wussten“. Aber der Spielfilm zeigt nur die Praktiken, die heute viel perfider angewendet werden, ohne Sozialismus. Wen Interessiert es? Vielmehr wird das Interesse im Mainstream der Medien nur auf die Stasi gelenkt. Aufarbeitung der Geschichte (Aufgaben und Ziele der Staatssicherheit) findet dabei nicht im gleichen Umfang statt, wie dämonisiert wird. Lediglich die Akten der Stasi werden politisch instrumentalisiert, wie es gerade passt. Immer nach dem Motto „Haltet den Dieb. Schon das Wort Stasi reicht, um zu dämonisieren.
Geheimdienste arbeiten im Auftrag aller Staaten dieser Welt, jeweils unter anderen politischen Vorgaben Welche politischen Zielrichtungen hatten Geheimdienste im „Ostblock“, welche hatten und haben heute noch westliche Geheimdienste? Demokratien unterstützen Diktaturen. Auch das ist gängige Praxis, heute nicht weniger als gestern, in westlichen Geheimdiensten. Auch Verschwörungstheorien haben ihren Ursprung in den Geheimdiensten. Das Video zeigt z.B. auch, dass der Anschlag am 9.11.01 dem größten Geheimdienst der Welt sehr wohl bekannt war, nur nicht wann und wo, so zumindest der Kommentar.
Was das Video nicht zeigt, ist z.B. wie unter dem Code „Linksextremismus“ heute Bundestagsabgeordnete, Journalisten usw. flächendeckend bespitzelt werden. Piraten würden darin lediglich einen Verstoß gegen den Datenschutz sehen. Die Praktiken und Aufgaben der Geheimdienste der Bundesrepublik bleiben im Wesentlichen geheim (For Eyes Only). Der BND mit seinen 6.000 Mitarbeitern spielt eher in der 2.Liga der Dienste der Welt. Briefe von Ostdeutschen in den Westen hat auch er illegal geöffnet. Einer der BND-Chefs (Kinkel) hat später als deutscher Außenminister die „ehemalige“ DDR „deligitimieren“ lassen. Was so viel heißt wie Verurteilung und Dämonisierung mit Mitteln der Justiz, was nur in den wenigsten Fällen gelang.
Die Liste lässt sich endlos fortführen. Bis später.


Der König, der nicht alle in der Krone hat 2/12
oder Der Inquisitor, der ins Schloss zieht 3/12
SPD und Grüne hatten 2010 den Vorschlag des Springer-Blattes „Die Welt“ aufgegriffen, den Kandidaten zu nominieren, der jetzt zur Wahl steht. Sie wollten die Kanzlerin in Schwierigkeiten bringen und schlugen einen Gegenkandidaten vor, der inhaltlich der CDU/CSU und FDP nahe steht. Jetzt haben auch sie ihn am Hals. Ihr Kandidat ist nicht auf der Höhe der Zeit und hat zu viele Vorurteile, um sich für die wirklich wichtigen aktuellen Debatten zu öffnen.
Gauck gehört zu denen, die die real existierende Demokratie zum Mythos der Freiheit erhöhen, meint sein Intimfeind, Hans-Jochen Tschiche, Mitbegründer des Neuen Forums. Gauck sieht die Bundesrepublik im Lichte dieses Mythos, obwohl diese weit entfernt ist von einer freiheitlichen und gerechten Gesellschaft. Der Afghanistankrieg ist für den Pfarrer ein gerechter Krieg, obwohl dort nicht unsere Freiheit verteidigt wird, sondern
handfeste wirtschaftliche und machtpolitische Interessen dominieren.
Er kennt nicht den Zusammenhang von Freiheit und Gerechtigkeit. Armut ist für den Pfarrer eine „Charakterschwäche“, soziale Gerechtigkeit ist für ihn ein Fremdwort. Eigentlich müsste ein Theologe das Sozialstaatsgebot im Grundgesetz im Sinne von Jesus‘ verteidigen. Abrecht Müller (SPD) meint, dass viele Christen die Bergpredigt mit ihren menschlichen und sozialen Akzenten nicht ernst nehmen. Sie halten sich eher an neoliberale Sprüche wie „Jeder ist seines Glückes Schmied“. Oder, wenn schon aus der Bibel, dann ans Alte Testament mit Parolen wie „Auge um Auge, Zahn um Zahn“.
Als Stasi-Jäger kennt der Pfarrer auch keine Gnade. In dem dazu geschaffenen Amt konnte er seinen Hass als bekennender Antikommunist ausleben. Er setzt Kommunismus mit „Nationalsozialismus“ gleich und relativiert so die ungeheuren Verbrechen des deutschen Faschismus. Er gehört zu den Erstunterzeichnern, die in einem Manifest erklärten, den Holocaust aus der europäischen Geschichte tilgen zu wollen. Das Erinnern an die industrielle Vernichtung der Juden hält er für übertrieben. Den kompletten Eliteaustausch in Ostdeutschland nach 1990, bis hin zu Lehrern, Wissenschaftlern und Angestellten, hat er gerechtfertigt mit den Worten: „Wir konnten nicht zulassen, dass die sozialistischen Globkes in ihren Ämtern und Positionen …blieben“. Dass er jetzt gegen Frau Klarsfeld antreten muss, die einen Nazi im höchsten Amt Westdeutschlands geohrfeigt hat, entschädigt ein wenig für Unwissenheit und Arroganz eines Königs ohne Kleider. In seinem Amt als Stasi- und Kommunistenjäger hat er Akten immer dann rein zufällig präsentiert, wenn sie dazu dienten, Linke wie Gysi auszuschalten. Seine Tätigkeit hatte auch tödliche Folgen, wenn Menschen mit seinen teils banalen oder falschen Akten mit der darauf folgenden Hetzjagd derart in die Enge getrieben wurden, dass sie nur noch den Freitod als Ausweg sahen. Eine Anfrage an die Gauck-Behörde, wie viele Suizide ihre „Enthüllungen“ zur Folge hatten, wurde mit der Antwort abgewiesen, dass man „keine Statistik führen“ würde. Am 2. August 1990 hat der Stasijäger und frühere Pfarrer im Rostocker Archiv seines Amtes illegal und ohne Zeugen seine Akte „eingesehen“. In der von „Der Welt“ am 23.4.1991 abgedruckten Akte „Gauck“ war zu lesen, dass er seinem Stasi Offizier Empfehlungen gab zu „Veränderungen in der DDR entsprechend Gorbatschow scher Reformpolitik“, sonst gerate „letzten Endes die Erwartungshaltung der DDR-Bürger hinsichtlich der Erfüllung der Ziele der Wirtschafts- und Sozialpolitik in Gefahr“. Er vertraute seinem MfS-Mitarbeiter an, „dass das MfS einen echten positiven Beitrag zur Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft einbringen wird“. So redete kein Widerstandskämpfer in der DDR, so redeten Millionen Mitläufer. Einige davon biederten sich an und viele redeten mit 2 Zungen. Aus der Akte Gauck geht auch hervor, dass es noch weitere Gespräche mit seinem MfS- Mitarbeiter gegeben haben muss. Davon fehlt jede Spur in der Akte Gauck. Wie eigenartig. Außerdem nimmt man für die Gauck- Akte in Anspruch, dass man Stasi Akten nicht glauben kann. Wenn sie aber dazu dienen, linke Politiker auszuschalten, glaubt man den Akten. Primitiv aber wirkungsvoll. Um Inhalte und Aufarbeitung der DDR-Geschichte ging es dabei noch nie. Und dabei wird es bleiben, solange ein Gauck Präsident ist.
Zur FDJ-Karriere der Bundeskanzlerin meint er jetzt, dass man „in der DDR nicht unbedingt Sekretärin für Agitation und Propaganda“ werden musste. Bezeichnend ist seine Feindseligkeit den 68ern gegenüber. Gaucks Vorwurf, Linke in der Alt-Bundesrepublik hätten mit ihrer Kapitalismuskritik den Begriff Freiheit negativ besetzt, widersprachen jetzt zwei evangelische Pfarrer aus Göttingen. Sie verwahren sich dagegen, dass er ihre pfarramtlichen Tätigkeiten, die er nicht kennen kann, als freiheitsfeindlich diffamiert. Recht haben sie, aber was sollen Ostdeutsche sagen, die Besserwessis seit 22 Jahren ertragen müssen. Der kommende Bundespräsident ostdeutscher Herkunft muss noch viel lernen, um auch mit der westdeutschen Geschichte sachlicher umzugehen. Mit sozialdemokratischen Werten hat er wenig gemein, mit grünen Werten schon gar nicht. Die Neue Ostpolitik der Bundesrepublik hat er als „feige Appeasementpolitik" abgestempelt (Gauck, ein Wendehals wie Schabowski, kritisiert die Politik der Zugeständnisse, bzw. die Beschwichtigungspolitik). Gegen den Alterspräsidenten des deutschen Bundestages, Stefan Heym, hat er rüde Attacken geritten, nur weil dieser eine linke Partei vertrat. Die Islam-Kritik eines Sarazin findet er „mutig“. Auch über ökonomisches Wissen verfügt der Kandidat wenig. Den Protest gegen die Macht der zerstörenden Finanzmärkte hält er für einen „dummen Kinderstreich“ und den Krieg gegen Afghanistan für „gerechtfertigt“.
Die Deutschen bekommen den Präsidenten, den sie verdient haben. Gauck meint über sich, er sei ein Linker, ein Liberaler und ein Konservativer. Da kann sich jeder was raussuchen. Das ist seine Art, sich gut zu verkaufen. Populär ist er im „situierten Bürgertum“. Ansonsten wird er die Nation mehr spalten, als dass er sie einen könnte. Er wird den kalten Krieg hochleben lassen und alte Wunden aufreißen. Aber ein Gutes hat das Ganze vielleicht: Die Nation hat wieder jemanden, an dem sie sich profilieren kann.
Aus dieser Sicht ist Gauck nicht „mein“ Präsident, was nicht heißt, dass ich die Verfassung nicht anerkennen würde. Diese Verfassung sichert eine Demokratie, die noch zu den Besten der Welt gehört, auch wenn sie noch weit entfernt von wirklicher Bürgerbeteiligung ist. Und sie ermöglicht es einen „falschen“ Präsidenten ins Amt zu wählen, den ich als Minderheit nicht verhindern kann.
Lesenswert im diesem Zusammenhang 2 Bücher: »Der falsche Präsident. Was Pfarrer Gauck noch lernen muss, damit wir glücklich mit ihm werden“; oder „Die Gauck-Behörde. Der Inquisitor zieht ins Schloss“.


Russland nach der Wahl 3/12
Russland bedarf dringend einer Modernisierung seiner Wirtschaftsstruktur, die noch immer einem atomar hochgerüsteten, fast allein vom Rohstoffexport lebenden Agrarstaates entspricht (s auch hier zum Thema: „Die größte Katastrophe des 20 Jahrhunderts?“ 6/11, 12/11). Hinzu kommen z.B. die Konflikte im Kaukasus, die die russische Staatlichkeit in Frage stellen. Nicht ins Bild einer modernisierten Wirtschaft passt das etwa 600 Milliarden Euro schwere Rüstungsprogramm, das Putins noch als Regierungschef angekündigte. Es passt eher in das Bild von „Gegenmaßnahmen“, die Russland ergreifen will, wenn die USA ihr Raketenabwehrsystem in Europa im Alleingang realisiert.
Die Wahlbeteiligung lag bei 65%. Putin erhielt knapp 63%, gefolgt vom KP-Chef Gennadi Sjuganow mit 17%. Das Ergebnis entsprach den Umfragen. Die Differenz zwischen den Exit polls (Befragungen der Wähler unmittelbar nach der Stimmabgabe) und dem realen Ergebnis lag unter 3% und damit innerhalb der Toleranzgrenze für nicht manipulierte Ergebnisse. Eine unabhängige Wahlbeobachterin und EU-Abgeordnete will den Einsatz von Web-Kameras in Wahllokalen auch bei den Wahlen zum Europaparlament vorschlagen. Die Opposition sprach dagegen von Wahlfälschung. Die Verschwörungstheoretiker im Westen und mit ihnen fast alle Medien folgten natürlich dieser Darstellung. Der schizophrene Anfall auf die Wahlergebnisse sprach wieder Bände. Sie können nicht akzeptieren, dass Russland nicht bereit ist, den Ausverkauf seiner Interessen weiter zu folgen. Gleichzeitig kündigten sie an, die „strategische Partnerschaft“ mit Moskau fortzusetzen. Gemeint ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der Handel erreichte im letzten Jahr 51,6 Milliarden Euro. Der Spagat zwischen Verteufelung und Zusammenarbeit erinnert an den mit dem „kommunistischen“ China. Ein Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) meinte, die europäische Außenpolitik befasse sich zu wenig mit Russland und sei bei aller Notwendigkeit von Kritik zu „moralisch“. Stattdessen versuche man, Russland die eigenen Werte „überzupflanzen“. Der Westen hat Großes vor, will er dies auch beim Rest der Welt (Iran, China, Kuba, Venezuela, Nordkorea, Syrien, Libyen, usw. usw.) erreichen.


Syrien ohne Bürgerkrieg?....... 2/12
Inzwischen hat die syrische Bevölkerung mehrheitlich für den Entwurf einer neuen Verfassung gestimmt. 51 % der rund 14,6 Millionen Wahlberechtigten unterstützt die neue Verfassung. Gemessen an den Umständen war es eine hohe Wahlbeteiligung. Die Abstimmung kommt sehr spät, aber nicht zu spät, sollte der reformorientierte meinen. Mit der neuen Verfassung wurden zentrale Forderungen der Protestbewegung aufgegriffen. Anfang Juni sollen vorgezogene Parlamentswahlen folgen. Nach der Baath könnten unabhängige islamische Kräfte die zweitstärkste Kraft werden, gefolgt von den Kommunisten und der neuen Syrischen Sozialistischen und Nationalen Partei.
Passagen im Verfassungs-Entwurf zu Parteien und Religionen müssten eigentlich im Westen als demokratisch und fortschrittlich eingeschätzt werden, weil sie weit über das hinausgehen, was die arabischen Nachbarn zu bieten haben. Syriens Feinde in der arabischen Liga, wie Katar und Saudi-Arabien, haben weder Parteien noch Religionsfreiheit, geschweige denn eine Verfassung. Stattdessen wurde die neue Verfassung Syriens vom Westen schon im Vorfeld der demokratischen Abstimmung verbal niedergemacht. Der Westen sprach dem Regime jeden Willen zur Beendigung des Bürgerkrieges und zu mehr Demokratie wider besseres Wissen von vornherein und ohne jede Prüfung ab. Sofort am Tag nach der Abstimmung verhängte die Europäische Union weitere Sanktionen gegen das Land. Grund genug zu schlussfolgern, dass es dem Westen nie um eine friedliche Lösung für Syrien ging.
Jetzt ist es an der Zivilgesellschaft den neuen politischen Spielraum zu testen. Nicht nur das Regime Assads sollte die Waffen niederlegen. Auch die Opposition sollte sich mit friedlichen Mitteln am demokratischen Prozess beteiligen. Stattdessen ist zu befürchten, dass die Feinde Syriens, wie auch der Westen die militante Opposition weiter mit Waffen versorgen, um den Bürgerkrieg aufrecht zu erhalten. Inzwischen kämpfen in der „Freien Syrischen Armee“ auch Zehntausende Söldner aus Libyen sowie terroristische Dschihadisten. Ziel dieser Kräfte ist nicht die Schaffung demokratischer Verhältnisse, sondern die physische Beseitigung unbequemer Machthaber, wenn es sein muss auch mit Krieg.
Siehe dazu auch hier im Blog zum Thema: „Wer tut was in Syrien?“ 2/12; „Was hat Bahrain mit Syrien gemein?“; „Syrien, eine unendliche Geschichte?“ 12/11; und „Syrien im Umbruch?“ 3/11).

…… und die Macht der Bilder 2/12
Syrien vor dem Krieg werde ich in sehr angenehmer Erinnerung behalten (s. hier im Blog zum Thema Nordafrika, Nahost). Heute höre ich fast täglich schreckliche Nachrichten aus diesem Land. Was stimmt an den Nachrichten, was ist gelogen, oder eben nur eine Manipulation. Mit den Wahrheiten bleiben wir alle mal wieder allein zurück. Daher suche ich nach Informationen, mit denen man sich der Wahrheit nähern kann.
Hier ein Video, welches zeigt, dass jeder ein Bewusstsein für die Macht der Bilder und den schmalen Pfad von Wahrheit und Manipulation entwickeln muss. Die Kamera lügt nicht, aber sie kann ein Mittel zur Unwahrheit sein. Ein Film, der anfänglich nicht viel mit dem Thema zu tun haben scheint, aber ein überraschendes Ende hat.
http://www.youtube.com/watch?v=egl82Y5-MWo.
Und hier noch eine Analyse der Widersprüche in einer ARD- Reportage zum Thema Syrien:
http://heimlich-in-homs.blogspot.com/2012/02/analyse-der-ard-reportage-heimlich-in.html?spref=fb.


Wie korrupt ist dieses Land? 2/12
Dass der Bundespräsident wegen „Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung“ im Amt seinen Rücktritt erklärt, ist das Mindeste, was ein Demokrat in dieser Republik erwartet. Nun will er (der Demokrat) aber auch wissen, welchen Vorteil die nicht vom Volk gewählten Vorteilsgeber vom Amt des Bundespräsidenten hatten und wie weit die Demokratie bereits untergraben wurde? Das eigentlich anachronistische Amt hat mehr Schaden verursacht, als es vertragen kann. Korrupt ist, wer die ihm anvertraute Machtposition zu seinem persönlichen Vorteil missbraucht. 57% der Deutschen glauben, dass die Bundesrepublik anfällig für Korruption sei. Lt. Welt-Korruptionsindex liegt Deutschland auf dem 16. Platz mit einer Note von 7,8 auf der Skala bis 10 (very clean). Viele der korruptesten Länder liegen in Afrika, d.h. je niedriger das Durchschnittseinkommen, je höher die Korruption. Zumindest tendenziell, denn sonst müsste Deutschland in Europa einen besseren Platz belegen. Die Liste der Beziehungen zwischen Ämtern und Vorteilsgebern (sprich Unternehmern) in diesem Land ist unendlich lang, wenn wirklich mal hinter die Kulissen geschaut werden würde. Hans Martin Tillack hat es in seinem Buch „Die Korrupte Republik“ versucht:

http://www.youtube.com/watch?v=r9Wi4Rri3R8

300 Mrd. € wechseln im Sumpf der Korruption jährlich ihren Besitzer, ganz legal. Man nennt es auch „Abgeordneten-Bestechung“, oder „Behörden-Sponsoring“. Was fehlt, nicht nur in diesem Land, sind strengere Regeln und mehr Transparenz im Umgang von Wirtschaft und Politik, von Lobbyismus, von Parteisponsoring und von Nebeneinkünften der Abgeordneten.
Wie weit regiert Geld die Welt und dieses Land wirklich? Wem gehört das Land? Der Fall des Bundespräsidenten ist nur die Spitze des Eisberges. Wulff hat der Korruption in Deutschland nicht den Kampf angesagt, sondern dieser eher einen Freibrief ausgestellt. Und das ist der eigentliche Skandal am Fall Wulff.
Aber auch andere Fragen drängen sich auf. Z.B.: Wie frei ist die ansonsten regierungskonforme Presse tatsächlich, die den ersten Mann im Staate auf´s Korn nehmen kann, ohne die wirklich wichtigen Fragen in diesem Land zu stellen? Oder soll der Rücktritt der Beantwortung der ersteren Frage zuvorkommen und damit verhindern? Das ist anzunehmen. Man geht zur Tagesordnung über: Es geht um Macht, um Mehrheiten und um Personen. Die einzige Lehre für die Regierenden ist die, das Gesetzt um den „Ehrensold“ zu ändern. Die wirklich wichtigen Fragen in diesem Fall um Demokratie, Korruption und Pressefreiheit bleiben wieder mal auf der Strecke.


Politischer Stil 3/11 + 1/12
Typisch für Deutschland wie für den Westen überhaupt ist im Zeitalter des Promi-Kults und der Fangemeinden, dass Politiker i.d.R. gehen müssen wegen persönlicher, nicht wegen ihrer politischen Verfehlungen. Hier 3 Beispiele innerhalb des letzten Jahres.
- Der Bundespräsident
Geht es um sein Verhalten im Zusammenhang mit seinem Privatkredit und gegenüber der Presse? Oder ist der oberste Staatsmann korrupt, bzw. abhängig von privaten Geldgebern? Wenn ja, muss er gehen, nicht nur weil er sich nicht wie ein Staatsmann verhält, sondern weil die Demokratie und Glaubwürdigkeit in diesem Land in Gefahr ist. Welchen Einfluss haben die Vermögenden oder Banken auf die Politik in diesem Land? Verdient ein Landesfürst nicht genug, um finanziell unabhängig zu sein? Regiert Geld die Welt?



Welchen Einfluss haben staatstragende Medien in diesem Land? In diesem Fall versuchen sie einen ihnen eigentlich politisch nahestehenden Mann zu kippen. Im vorherigen Fall haben sie einen ebenfalls politisch nahestehenden verteidigt. Sind sie unabhängig, wollen sie politisch beeinflussen, oder geht es nur um ihre Quote? Will man uns über die Hintertür den nächsten 1. Mann präsentieren? Vielleicht den, der schon vergessen war und jetzt wieder in den Startlöchern steht? Er wäre zwar auch nicht der Präsident aller Deutschen, aber ist der politischen Elite vielleicht genehmer? „Solange sich die unkritische Masse mit Herrn Wulff beschäftigt, kommt keiner auf die Idee, wirklich wichtige Fragen zu stellen“, meint Thomas Fricke, Chefökonom der „Financial Times Deutschland“.
Politisch schlechter Stil ist für Wulff kein Grund zurückzutreten. Aber er hatte auch Lichtblicke als er meinte, dass der Islam genau wie das Christentum und das Judentum zu Deutschland gehört.
- Der Kriegsminister
Ein Plagiat durch einen Minister, der auch Dienstherr zweier Bundeswehrakademien ist, ist schwerwiegend. Deshalb musste er gehen. Viel schwerer wiegt aber, nicht dass er als deutscher Kriegsminister Krieg endlich Krieg nennt, sondern weil er ihn an maßgeblicher Stelle mit verantwortet. Er geriet auch in die Schusslinie, weil er mit seiner Frau den völkerrechtswidrigen Krieg in Afghanistan verschönert, nicht etwa weil er einen Krieg weiterführt, der mit widerlegten Behauptungen begründet wurde. Nicht zuletzt steht er für eine Reform der Bundeswehr, die aus einer Verteidigungsarmee eine jederzeit weltweit einsetzbare Kriegstruppe macht. Das ist ein Bruch der Verfassungsprinzipien der Bundesrepublik, aber für Guttenberg kein Grund zu gehen. Aber vielleicht ein Grund zum Wiederkommen? Nach einer kurzen Stippvisite jedenfalls meint er, es sei noch nicht seine Zeit.
- Die Ratsvorsitzende
Eine evangelische Theologin dagegen gerät durch ihre Einschätzung als EKD Ratsvorsitzende „Nichts ist gut in Afghanistan“ in die Schusslinie. Sie erhält den Europäischen Kulturpreis für Zivilcourage, aber nicht etwa für ihre Einschätzung zu Afghanistan, sondern für ihren Rücktritt nach einer betrunkenen Autofahrt. Deshalb lehnt sie den Preis ab. Das ist Zivilcourage und schlechter politischer Stil im Umgang mit Frau Käßmann. Zu einem militärischem Eingreifen in Syrien meint sie: „Ich halte es für kurzsichtig zu glauben, man könne mit Waffen Frieden schaffen in einem fremden Land, einer fremden Kultur.“ Und ich halte das für erwähnenswert.


Was hat Bahrain mit Syrien gemein? 2/12
Auch in Bahrain begann vor einem Jahr der „Arabische Frühling“. Proteste gegen das sunnitische Herrscherhaus wurde 1 Monat später mit Hilfe saudi-arabischer Truppen brutal und blutig niedergeschlagen. Der erste auffallende Unterschied: Der Aufschrei im Westen mit den Worten: „Hamad schießt und lässt auf sein eigenes Volk schießen“, blieb aus. Am Jahrestag des Beginns der Massenproteste in Bahrain hat die Polizei des Golfemirates Hunderte schiitische Demonstranten mit Gewalt auseinander getrieben. König Hamad ignoriert die Ereignisse vor einem Jahr und appelliert an sein Volk den „Geist des Zusammenhalts und der Wiedervereinigung“ zu bewahren. Zugleich forderte er die Menschen auf, im „Interesse des Vaterlandes“ zu handeln. Der Monarch verspricht Reformen, wie eine Kontrolle der Regierung durch eine gewählte Versammlung. Die schiitische Opposition in Bahrain fordert dagegen die Umwandlung des Golfemirates in eine konstitutionelle Monarchie wie in Großbritannien, in der die Macht des Monarchen durch eine Verfassung eingeschränkt ist. Obwohl die Bevölkerung des Inselstaates mehrheitlich schiitisch ist, wird sie seit Jahrhunderten von einer sunnitischen Dynastie beherrscht. Die Schiiten klagen über vielfältige Benachteiligungen im Alltag. D.h., der Opposition geht die Reform nicht weit genug.
Die Probleme zwischen den verschiedenen Volksgruppen bestehen offensichtlich auch in Bahrain wie in Syrien. Mit Ausnahme Saudi Arabiens vor einem Jahr findet in Bahrain keine Einmischung von außen in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates statt. Der Monarch hat Gelegenheit und Zeit seine Reform umzusetzen. Im Gegensatz zu Syrien, wo die Führung des Staates die Gelegenheit nicht bekommt, auch nicht bekommen soll.
Unterdessen hat die US-Regierung einen Fonds in dreistelliger Millionenhöhe zur Unterstützung der Reformen in den Ländern des „Arabischen Frühlings“ vorgeschlagen. Nach ersten Meldungen könnte der Fonds Syrien, Jemen, Tunesien und Marokko zugutekommen, um dort Politik, Wirtschaft und Handel zu unterstützen. Wenn allerdings die Unterstützung an die Forderung eines Machtwechsels in Ländern mit unbequemen Regierungen gebunden ist, wäre es wieder eine unzulässige Einmischung von außen. Die Militärhilfe für Ägypten in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar (fast doppelt so viel wie die zuvor genannte wirtschaftliche Hilfe) soll dagegen aufrecht erhalten werden, obwohl dort eine Militärregierung an der Macht ist und vielleicht auch bleiben will, die auf ihr eigenes Volk schießt. Im Sahel bedroht die nächste Hungerkatastrophe 12 Millionen Menschen. Zur Vermeidung der Katastrophe haben Geldgeber gerade mal 0,1 Milliarden Dollar übrig. Nur mal so zum Vergleich, wohin Geld dieser Welt fließt. In 2 Monaten ist es mein nächstes Reiseziel.


Wer tut was in Syrien und warum? 2/12
Russland und China haben die Annahme der Resolution des UN-Sicherheitsrates nicht nur abgelehnt, sondern wollten Verhandlungen den Vorrang geben. Außerdem wollten sie verhindern, dass sie vom Westen wieder betrogen werden. Die, die sich am Krieg der NATO in Libyen beteiligt haben, sind jetzt die Nutznießer wirtschaftlicher Interessen. Nach dem Veto werden die emotionalen Wellen im Westen aufgebauscht. Dabei geht es hier ausschließlich um eigene Interessen der jeweiligen Seite, nach denen man fragen sollte. Wie oft haben die Vereinigten Staaten Resolutionen im Sicherheitsrat blockiert, wenn sie Israel betroffen haben. Die USA haben in nicht wenigen Fällen gegen die gesamte internationale Gemeinschaft gestimmt, wenn es um ihre Interessen ging (z.B. gegen Abrüstung, gegen Umweltschutz usw.).
Syrien ist spätestens seit der Machtübernahme der Baath-Partei 1963 ein strategischer Partner Moskaus. Seitdem galt Syrien im Westen immer als eine Art Lakai der Sowjetunion und hinter den Saudis stehen immer noch die Amerikaner. In diesem Sinne lebt der kalte Krieg fort, den der Westen gegen den Kommunismus aus dem Osten geführt hat und wohl auch weiterführt. Die Saudis sehen im syrischen Regime einen Brückenkopf iranischer Interessen in der arabischen Welt. Man haut auf Syrien und meint eigentlich den Iran. Nach außen wird wie auch im Westen derweil behauptet, Syrien sei ein „Folterstaat“ und schießt auf seine muss mindestens mit Sanktionen belegt werden. Der Syrische Nationalrat (SNR) wollte über eine Resolution im UN-Sicherheitsrat das libysche Beispiel wiederholen und eine ausländische Militärintervention unter humanitären Vorwand durchsetzen. Ein militärisches Eingreifen der Nato würde aber selbst ein großer Teil der syrischen Opposition nicht tolerieren und als eine Einmischung in innere Angelegenheiten Syriens verurteilen. Sollte sich der Westen einseitig auf die Seite der Regierungsgegner wie in Libyen schlagen, würde nicht nur Irak, Libanon sowie Jordanien in Mitleidenschaft gezogen werden. Militärische Interventionen hatten auch immer Stagnation, Menschenrechtsverletzungen und mangelnden Fortschritt zur Folge. Der im Grunde antiislamische Westen nimmt dabei auch mal billigend in Kauf, dass mit Syrien einer der am meisten laizistischen und säkularen Staaten der Welt des Islam (wenn man mal von den ehemaligen sowjetischen Republiken im Süden absieht) beseitigt wird und dass eine Machtverschiebung in Syrien nicht nur Auswirkungen auf Nordafrika und Nahost haben würde, sondern auch Teile Asiens betreffen.
Präsident Baschar al-Assad konnte den Vorstellungen der Arabischen Liga nicht folgen, ohne das Land der bewaffneten Opposition auszuliefern. Dies zu verlangen, war für ihn natürlich nicht hinnehmbar. Die Angst in der Bevölkerung wächst. Auch die unter den Christen vor einer Machtübernahme muslimischer Radikaler. Die etwa 2 Millionen Christen können nicht begreifen, warum europäische Staaten Islamisten unterstützen. Assad wollte den Weg zu mehr Demokratie gehen und hat den Dialog gesucht. Sicher hat er zu lange gezögert und damit Vertrauen verspielt. Die syrischen Behörden haben die Aufhebung der Notstandssituation, die Abschaffung des Machtmonopols der regierenden Baath-Partei, die Herstellung eines Mehrparteiensystems sowie demokratische Wahlen des Präsidenten und des Parlaments verkündet. Aber in einem Bürgerkrieg ist es schwer bis unmöglich den friedlichen Weg zu gehen. Er ist möglich, aber die Opposition hat von Anfang an den konfrontativen Weg gewählt und ist nicht einen Schritt auf die Regierung zugegangen.
Auch in Aleppo hat der Bürgerkrieg begonnen mit vielen Toten auf beiden Seiten. Soviel zu den Tatsachen. Das syrische Staatsfernsehen machte Regierungsgegner verantwortlich für den Anschlag. Oppositionelle machten dagegen das Regime von Präsident Assad für die Anschläge verantwortlich. Verschwörungstheoretiker unter ihnen behaupten, Assads Regime selbst hätte einen Anschlag auf Gebäude des Militärgeheimdienstes und dem Sitz der Ordnungspolizei verübt. Die in der Türkei ansässige Exilorganisation Syrischer Nationalrat berät darüber, wie das Blutvergießen gestoppt werden könnte. Allerdings wollen sie noch stärker auf die militärische Lösung setzen, also auf Bürgerkrieg. Diese Logik ist nicht nachzuvollziehen. Von ihren ausländischen Unterstützern erwarten sie Waffenlieferungen an Deserteure aus der syrischen Armee, die sich der Opposition angeschlossen haben. Den von Oppositionsgruppen gegründeten Nationalrat will die Arabische Liga als legitime Vertretung des syrischen Volkes anerkennen. Da die syrische Regierung hauptsächlich von Alewiten vertreten wird, die den Schiiten nahestehen, haben Staaten der Arabischen Liga, die hauptsächlich von Sunniten vertreten werden, Angst vor der Gefahr eines „Schiiten-Gürtels“ vom Irak über den Iran bis nach Syrien und den Libanon.
Und der Westen mischt kräftig mit und heizt die Lage an, um einen Bürgerkrieg zu provozieren, wenn man schon nicht selbst (ohne Legitimation durch die UNO) bomben kann. Die Behauptung Westerwelles, Deutschland handle ausschließlich aus humanitären Erwägungen, ist nicht glaubwürdig und daher scheinheilig. Die USA und ihre NATO-Verbündeten wollen die im Frühjahr 2011 entstandene Situation in der arabischen Welt ausnutzen und die ihnen unangenehmen arabischen Regimes beseitigen, was ihnen in Libyen bereits gelungen ist. Syrien steht in der Schusslinie, weil es dem Iran nahe steht und der israelischen Politik Paroli bietet. Die Beseitigung des Regimes in Syrien gehört nicht zuletzt zur Strategie des Westens gegen den Iran.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Das hier ist kein Statement für die Haltung des Westens, davon gibt es mehr als genug, auf (fast) allen Medien in dieser Republik. Es ist aber auch kein Statement für das Regime Assads oder für Bürgerkrieg. Das wäre ein echtes Missverständnis. Es ist ein Statement gegen Bürgerkrieg und für den Weg der Verhandlungen. Wie in jedem Krieg findet zuerst ein Krieg der Informationen statt. Jede der Bürgergriegs-Parteien veröffentlicht seine Wahrheit. Wegen der großen Übermacht einseitiger Informationen und wegen der Macht der Bilder haben es Medienkonsumenten schwer, sich ein reales Bild zu machen. Dieses „Assad schießt auf seine eigene Bevölkerung“ ist eine sehr einseitige und zu offensichtlich eigenen Interessen dienende Behauptung nicht nur des Westens, wenn dahinter eigentlich politische und wirtschaftliche Interessen stehen. Wenn der Westen in Irak, Libyen, Afghanistan oder in Jugoslawien (schon vergessen?) auf eine andere Bevölkerung schießt, dann sind es ggf. nur „Kollateralschäden“. Die syrische Armee und die Sicherheitskräfte schießen nicht blind auf die eigene Bevölkerung, sondern sie gehen in erster Linie gegen bewaffnete Gruppen im Land vor. Die Waffen für diese Gruppen werden über die Grenzen der Türkei und Libanon hauptsächlich nach Homs geschmuggelt. Natürlich ist die eigene Bevölkerung der eigentliche Leidtragende in diesem Bürgerkrieg.
Deshalb ist es ist nicht humanitär nur eine der Seiten zu unterstützen und mit Waffen auszurüsten. Das ist eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates mit schlimmen Folgen vor allem für die Bevölkerung. Krieg wie in Libyen wäre eine zu verurteilende Einmischung von außen. Wenn dem die UNO zustimmen würde, wäre das ein Armutszeugnis der Weltgemeinschaft, wie schon in der Abstimmung zu Libyen. Dass den Konflikt-Parteien in Syrien einseitig Waffen geliefert werden, ist dem offiziellem Westen vorzuwerfen, wie auch Russland. Letzterer macht aber auch deutlich, dass seine Waffen nicht für einen Bürgerkrieg geliefert wurden und dass er für eine friedliche Lösung des Konfliktes steht. Wenn sich die Weltgemeinschaft einig wäre, könnten beide syrische Seiten an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Das wäre humanitäre Hilfe. Warum kommt sie nicht aus dem Westen? Warum schlägt sich der Westen auf die Seite der Opposition, macht er doch sonst auch nicht? Hat er nicht in Tunesien und auch nicht in Ägypten getan. Aber in Libyen und Syrien. Und die Liste der Ungereimtheiten ist lang, wenn man sie weiterführt. Da muss man sich doch fragen: Wieso? Das Für und Wider in dieser Frage kann sogar Familien entzweien. Der offizielle Westen ist in dieser Frage kein Notar, weil vorbelastet, voreingenommen, parteiisch, kurz: befangen. Nicht nur Assad ist schuld am Morden, sondern auch die militante Opposition. Der Westen hat wieder mal eine Chance vertan, seine Macht für eine friedliche Lösung einzusetzen, und damit eine große Mitschuld am Bürgerkrieg. Was würde der Westen tun, wenn die Opposition in seinem Machtbereich mit Waffengewalt gegen die Regierenden vorgehen würde? Assad ist kein Vertreter von Demokratie, wie auch Gaddafi es nicht war. Die Toten dieser Regime sind nicht legitim. Aber ebenso zu verurteilen ist die Haltung des Westens, wenn er Krieg führt, oder auch „nur“ Waffen für eine Seite im Bürgerkrieg liefert und dabei von Humanität redet, statt für Frieden zu sorgen.



Bedenkliche Tendenzen 2/12
Während in dieser Republik vehement vor Linksextremismus gewarnt wird und über ein Verbot der Linken wegen angeblicher Verfassungsfeindlichkeit laut nachgedacht wird, macht sich in Ost wie West neuer Nährboden für Neonazismus breit. Eine Parteienforscherin bestätigte in einer CDU-Veranstaltung derweil, dass kein einziges Programmziel der LINKEN ein Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt und sozialistische Vorstellungen nicht automatisch demokratiefeindlich sind. Der Hinweis war wohl nötig, denn die CDU-Regierungspartei hat ein echtes Extremismus-Problem. Den Vogel abgeschossen hat die Abgeordnete Steinbach, als sie dieser Tage von sich gab: „Nazis waren eine linke Partei“, weil diese "Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei“ hieß. Kommt das aus der Mottenkiste des Antikommunismus oder haben wir hier es mit Volksverhetzung zu tun? Oder beides? Das Schlimme ist nur, manche glauben diesen politisch fabrizierten Schwachsinn. Deshalb hier die erforderliche Nachhilfe in Geschichte: Nazismus war eine besonders menschenfeindliche und verbrecherische Form des Faschismus, der für millionenfachen Mord zuerst an Kommunisten, dann an Juden und allen Minderheiten verantwortlich war. In dieser Diktatur hatten Antikommunismus, Rassismus und Antisemitismus besonders schlimme Auswüchse. Nazis hatten und haben mit Sozialismus so viel am Hut, wie Schokolade mit brauner Schei…. zu tun hat.
Bei dem Thema Vergangenheitsbewältigung zeigt sich, dass noch lange nicht zusammengewachsen ist, was zusammengehört. Im Osten Deutschlands sind nach Umfragen Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit etwas höher als im Westen. Andererseits ist Sexismus im Osten weniger ausgeprägt. Antisemitismus gab es vor 20 Jahren in Ostdeutschland wesentlich weniger und ist heute in West wie Ost annähernd gleich. D.h. die „SED-Diktatur“ kann nicht für Judenfeindschaft verantwortlich gemacht werden, wie im Westen gern behauptet. Wer die Wurzel des heutigen Rechtsextremismus in der DDR-Sozialisation ausmacht, ist nicht fähig die tatsächlichen Ursachen zu erkennen, um gegen Neonazis vorzugehen. In den 80er Jahren konnte man in beiden deutschen Staaten beobachten, dass Neonazis heranwuchsen, die über die Grenzen hinweg Kontakte hielten. Nach dem Mauerfall fielen ganze Kolonnen von Neonazis in die DDR ein. Diesbezügliche Warnungen wurden vom Bundeskriminalamt nicht ernst genommen. Das konnte nicht verwundern, denn keine deutsche Institution hatte so viele Gestapo- und SS-Leute in ihren Diensten wie das BKA. Deren Geist zog auch im Osten ein, nach dem West-Institutionen sämtliche Einrichtungen im Osten übernahmen, d.h. nach dem kompletten Elitenaustausch in der DDR nach der Wende. Fremdenfeindlichkeit speist sich auch aus einer Ideologie der Ungleichheit, infolge der sich Ostdeutsche im vereinten Deutschland als Bürger zweiter Klasse fühlen müssen. Leider geht deren Frust nach hinten los, wenn sich ihre Enttäuschung nicht nur auf Ausländer, sondern auf alle Minderheiten abwälzt. Wer noch weiter nach unten treten kann, fühlt sich erhöht. Das ist eine sehr bedenkliche Tendenz, die einem irgendwie bekannt vorkommt.
Die erste Schuld der Deutschen im 20.Jahrhundert waren die von den Faschisten begangenen Verbrechen; die zweite Schuld das halbherzige Verfolgen der Naziverbrecher, der Wiederaufstieg vieler Schuldiger in die herrschende Elite der Bundesrepublik. So urteilt der Publizist und Schriftsteller Ralph Giordano. Anzufügen wäre hier eine dritte Schuld: die politische, moralische und strafrechtliche Schlechter-Behandlung der DDR-Staatsnahen im Vergleich zur Behandlung der Naziverbrecher. So meint der Ökonom Harry Nick.


Vorsicht Linksextremisten!? 12/11
In der Praxis der Bekämpfung des Extremismus in der BRD wird in unzulässiger Weise Faschismus und Antifaschismus gleichgesetzt. Die Extremismus-Theorie (linker Rand gleich rechter Rand!) ist schon deshalb falsch, weil Neofaschismus wie z.B. auch Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen oder schon lange verankert ist. So wird Rechtsextremismus verharmlost. Mit linken Rand werden nicht nur die erfasst, die aus welchen Gründen auch immer Autos anzünden, sondern auch Linke Abgeordnete. Bundestagsabgeordnete, die eigentlich den Verfassungsschutz überprüfen sollen, werden flächendeckend von diesem bespitzelt. Während z.B. eine Neonazigruppe, die sich »Nationalsozialistischer Untergrund« nennt, über zehn Jahre ungehindert morden konnte, werden Nazigegner polizeilich an antifaschistischen Aktivitäten gehindert.
Typische Vertreterin der Extremismus-Theorie in der Bundesregierung ist Familienministerin Schröder. Sie warnt u.A. vor der Tageszeitung „neues deutschland“. Beiträge in dieser als „linksextremistisch“ eingestuften Zeitung würden „kommunistische bzw. anarchistische Weltdeutungen unterstützen und zugleich gegenläufige Nachrichten als bürgerlichen Manipulationszusammenhang diskreditieren“: http://www.neues-deutschland.de/artikel/213513.schroeders-least-wanted.html. Übrigens, auch der Autor dieser Zeilen ist als Leser der überregionalen linken Tageszeitung Linksextremist im Sinne staatsnaher Sichtweise.



Statt rechtsextremistischen Terror aufzuklären wird regierungsoffiziell und geheimdienstlich vertuscht und gelogen. Gleichzeitig wird von rechts versucht Linksextremismus in den Focus zu schieben. Wieso wurde der Rechtsextremismus so grundlegend, so lange, so tödlich unterschätzt? Das auf dem rechten Auge blind sein, hat in Deutschland Geschichte. Die Wurzeln des Problems reichen zurück bis in die Vorweimarer Zeit mit ihrem Hass auf Juden und Demokraten und alles, was von links kam. Das war nicht nur der Nährboden für den Faschismus, sondern auch für die restaurativen Tendenzen nach dem Zweiten Weltkrieg, die den alten Eliten in der Bundesrepublik rasch wieder auf die Beine halfen. Das „trainierte Vergessen“ fiel schon in den NS-Prozessen auf. So ist es heute kein Wunder, dass jeder fünfte Deutsche rechtsextremistischen Positionen zugeneigt ist und Probleme mit der Anerkennung der Einmaligkeit und Unvergleichbarkeit von Auschwitz hat. Gemessen werden rechtsextreme Einstellungen an Befürwortung rechtsautoritärer Diktaturen, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Faschismus.
Veröffentlichte Studien zeigen, dass 25% der Berliner Ausländischen Zuwanderern gegenüber negativ eingestellt sind. 80% meinen, Ausländer sollten dahin gehen, wo sie herkommen. 40 % haben Angst vorm Islam und dem Jüdischen Glauben. Etwa 20 % der deutschen Bevölkerung sind antisemitisch, und das schon über Jahrzehnte. 50 % meinen, Deutschland sei in einem gefährlichen Maße „überfremdet“. Jeder fünfte der unter 30-jährigen kann einer Umfrage zufolge nichts mit dem Begriff Auschwitz anfangen.
Hier zeigt sich die gefährliche Nähe zu rechtsradikalen Einstellungen. Vorurteile gegenüber religiösen Gruppierungen, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, sowie die Abwertung von Obdachlosen, Behinderten und Langzeitarbeitslosen sind seit 2009 stark angestiegen. Und noch eines zeigt sich: Anhänger extrem rechter Parteien sind häufiger arbeitslos, als Wähler anderer Parteien. Fremdenfeindliche Einstellungen steigen mit dem Alter und mit geringerem Bildungsabschluss, bzw. Einkommen. Und das, obwohl Zuwanderer um ein Vielfaches armutsgefährdeter sind als der Rest der Inländer. Typisch in Zeiten wirtschaftlicher Krisen ist die Suche nach Sündenböcken.
Vieles erinnert heute wieder an die Zeit, als die Nazis den industriellen Völkermord an den europäischen Juden verübten. Das war damals nur möglich, weil der große Teil der Bevölkerung zugesehen hat. Es wäre fahrlässig, die Gefahren eines Rechtspopulismus heute angesichts eines latent vorhandenen Rassismus, wachsender sozialer Abstiegs- und Ausgrenzungsängste in der Gesellschaft klein zu reden. Die Wirtschafts- und Finanzkrise ist nicht vorbei. Sowohl Armut als auch soziale Spaltung wachsen, die Umverteilung von unten nach oben wird fortgesetzt und die Verteilungskämpfe nehmen national wie global zu. Das alles ist ein idealer Nährboden für Rechtspopulisten und Rassisten. Das Netzwerk um die braune „Zwickauer Terrorgruppe“ ist sicherlich nur die Spitze des Eisberges.
Nicht jeder Ausländerfeind wird gleich zum Rechtsextremen oder Neonazi. Aber manchmal sind die Übergänge fließend, das erste bedingt das zweite. Und nicht jeder kritisch denkende Linke, der vom Staat und seinen Medien in die Ecke der Linksextremen gestellt wird, stempelt jeden Ausländerfeind gleich als Rechtsradikalen ab.
Jahrelang haben sich die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der FDP dagegen gesträubt, das Leugnen von Auschwitz unter Strafe zu stellen. Erst als auf ihr Drängen hin auch das Leugnen von Verbrechen einer „anderen Gewalt- und Willkürherrschaft“ einbezogen wurde, lenkten sie ein. Die 182 rechtsextremen Morde seit der Wiedervereinigung sollten eigentlich Anlass sein, die Verharmlosung des Rechtsextremismus zu beenden. Aber wie die letzten Ereignisse zeigen, werden rechtsradikale Morde offensichtlich von Ämtern gedeckt, die eigentlich für die Sicherheit des Staates zu sorgen haben, während sich zur Wehr setzende Gegner der Neonazis von eben diesen kriminalisiert werden. Das Verbot der NPD ist ein Verwirrspiel, bei dem sich zwei Verfassungsorgane gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben und die NPD-Oberen lachende Dritte sind. Ein Parteiverbot kommt dann zu Stande, wenn es politisch auch gewollt wird. Die KPD war von unten bis oben mit Polizeispitzeln und V-Leuten durchsetzt und wurde trotzdem verboten.
Die Bundesrepublik tut sich schwer mit der Auseinandersetzung ihrer eigenen Vergangenheit. Im Mai 1949 wurde der Artikel 131 beschlossen, mit dem die Väter des Grundgesetzes gegen den Willen der alliierten Siegermächte das deutsche Berufsbeamtentum unbedingt bewahren wollten. Mit dem folgenden Gesetz vom April 1951 konnten Beamte und verbeamtete Universitätsprofessoren, die wegen ihrer Betätigung im NS-Staat nach dessen Ende zunächst aus dem Beamtendienst entfernt worden waren, wieder in den Öffentlichen Dienst aufgenommen werden. In den Folgejahren wurden dann auch SS und Gestapoangehörige in den Öffentlichen Dienst übernommen. Bei der aktuellen Bekämpfung neofaschistischer Organisationen infolge des rechtsradikalen Terrors und bei der Diskussion eines erneuten Versuchs zum Verbot der NPD wird offensichtlich, dass die Bundesrepublik ihre Geschichte noch lange nicht bewältigt hat.
26 Bundesminister und 1 Bundeskanzler waren bis 1945 Mitglieder der NSDAP oder anderer NS-Organisationen wie SA, SS oder der Gestapo. Im Auswärtigen Amt waren 1952 noch etwa 34% NSDAP-Mitglieder tätig. Im Verteidigungsministerium waren es 1955 77%, im Wirtschaftsministerium waren es 68% und beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung arbeiteten 58% Alt-Nazis. Ehemalige NSDAP-Mitglieder tauchten in allen Landtagsfraktionen auf. Insbesondere in denen der CDU und FDP, sowie in der bis 1970 bestehenden NPD-Fraktion. Die einzige Landtagsfraktion, die nach Gründung der BRD keinen Ex-Nazi in ihren Reihen hatte, war die ab 1956 verbotene KPD-Fraktion. Der Hessische Landtag z.B. hat im Rahmen der Aufarbeitung seiner NS-Vergangenheit erst jetzt biografische Daten aller Ex-Parlamentarier von 1946 bis 1987 zusammengetragen. Mindestens 75 seiner Abgeordneten waren NSDAP-Mitglieder, wie auch die über 30 Jahre amtierenden CDU-Landesvorsitzenden Wilhelm Fay und Alfred Dregger. Die BRD-Justiz leitete Verfahren gegen ehemalige SS-Aufseher im Vernichtungslager Auschwitz viel zu spät, d.h. erst dann ein, als viele der Beschuldigten im hohen Alter verhandlungsunfähig waren oder sich die Tat verjährt hat. Juristisch hört sich das so an: Totschlag ist zweifelsfrei bewiesen, aber verjährt, Mord wäre nicht verjährt, kann aber nicht mehr bewiesen werden.
Nach dem 2. Weltkrieg wechselten 400 Experten (so schätzt die CIA) z.B. von der Gestapo fast nahtlos zum neuen Gehlen- Geheimdienst. Später wurden sie vom BND übernommen. Ende September 2011 legte die Historikerkommission, die seit einiger Zeit einen Teil der BND-Akten einsehen darf, das neuste Detail vor: Nicht nur Klaus Barbie, der »Schlächter von Lyon« und Alois Brunner, der Mörder des Wiener Judentums, waren definitiv beim BND, sondern auch der SS Standartenführer Walther Rauff, der Erfinder des Vergasungs-Mobils, mit dem der „industrielle“ Abschnitt des Holocaust eingeleitet wurde. Im Geheimdienstmilieu lebt der Frontgeist der Adenauerzeit noch heute fort.
Zum Politikstil heutiger Politiker gehört, von solchen Problemen abzulenken. Bei einer Landtagswahl hat kürzlich die SPD in Koalitionsverhandlungen von der Linken gefordert, sie möge sich doch klar zu dem Thema DDR und Mauer äußern. Dem setzte ein Linke-Politiker entgegen, die SPD möge doch ihr Verhältnis zum Krieg überprüfen, denn sie habe „Mördersoldaten“ nach Afghanistan geschickt. Dort wurden wesentlich mehr Menschen getötet als an der Mauer. Das Bundesverteidigungsministerium zeigte den Linke-Politiker wegen seiner Formulierung an. In zweiter Instanz wurde vom Gericht entschieden, dass die Bezeichnung „Mördersoldaten“ durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei, und der Linke-Politiker nur die Doppelmoral von SPD und Grünen entlarven wollte. Alles Schnee von gestern? Nein, das alles gehört zur Geschichte der Verharmlosung des Rechtsextremismus in dieser Republik. Westdeutsche sollten nicht nur von Ostdeutschen fordern, ihre Geschichte aufzuarbeiten, sondern zuerst bei sich anfangen, statt im Glashaus mit Steinen zu werfen.
Nach dem Verbot der KPD z.B. wurden in der BRD 125.000 westdeutsche „Kommunisten“ verfolgt. Schon irgendeine politische Tätigkeit für die KPD wurde mindestens mit der Streichung der Rente bestraft. Dagegen wurden nach 1945 an westdeutschen Gerichten nur 98.000 Nazis beschuldigt. Nach 20 Jahren Rentenüberleitung entschied dieser Tage das Bundessozialgericht, dass die „staatsnahen“ Rentner der DDR zu Recht mit einer pauschalen Rentenkürzung bestraft wurden. Das war mehr eine politische Entscheidung, mit der selbst Nazis in der BRD nicht belegt wurden.
Der Umgang in Ost und West mit deutscher Geschichte aus finstersten Zeiten unterschied sich grundsätzlich. In der Bundesrepublik gab es gezielten Einsatz hochrangiger Nazis in Geheimdienst, Justiz, Wirtschaft, Politik und Diplomatie, was in der DDR so nicht geschah. In der DDR war Antifaschismus Verfassungsgrundsatz und es wurde nicht gezögert mit der Aufklärung über den faschistischen Weltanschauungs-, Eroberungs- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Mit DEFA- Filmen wie »Ehe im Schatten«, »Sterne«, »Professor Mamlock«, »Nackt unter Wölfen«, »Die Bilder des Zeugen Schattmann«, »Jakob der Lügner« hat sie nicht nur den Völkermord an den Juden, sondern z.B. auch an den Kommunisten angeprangert und die Täter benannt. In der DDR wurde Faschismus entschieden verurteilt, wenngleich in der Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit die Aufklärung nicht frei von Monografien war.
Mit dem Begriff Bewältigung ist die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit oder deren Aufarbeitung gemeint. Siehe auch zum Thema "Vergangenheitsbewältigung" in diesem Blog unter "Seine Weltansicht". Die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit wird auch kommende Generationen beschäftigen. Das besonders Grauenvolle der Faschisten, und der Nazis im Besonderen, hat Grenzen geschaffen, die jeder kennen sollte. Sie bewahren uns vor einem Rückfall in die Barbarei. Auch der heute übliche Vergleich des sog. „Dritten Reiches“ mit der DDR ist völlig illegitim und verharmlost die Barbarei. Bei der regierungsoffiziellen Aufarbeitung der Geschichte deutscher Diktaturen ist man eifrig, wenn es um DDR, SED und Stasi geht. Die Stasi-Unterlagen-Behörde verfügte 20 Jahre nach dem Ende der DDR über 1.687 Mitarbeiter. Nur 121 Mitarbeiter zählte die „Zentrale Stelle …. zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ in Ludwigsburg 20 Jahre nach Kriegsende. Derzeit muss sie mit 16 Mitarbeitern auskommen.
Auf die unendliche Schande des Hitlerfaschismus in Deutschland folgte die Schande in der westdeutschen Demokratie, die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen zu haben, die Schande, die Täter gedeckt und mit Ehrenerklärungen und Ämtern überhäuft zu haben.


Armes oder reiches Deutschland? 3/11 ; 12/11
Das Vermögen von Despoten wie in Ägypten (Mubarak 70 Milliarden geschätztes Vermögen), oder in Libyen (Gaddafi bis 150 Milliarden) „ist alles nur geklaut“, während die Armut in diesen Ländern z.T. katastrophal ist, wie wir uns überzeugen konnten, auf unserer Reise 1 Jahr mit dem Auto durch Asien, Afrika und Nahost. Das private Vermögen weiterer Despoten wie in Tunesien, oder auch in Bahrein, Jemen, Saudi Arabien, Oman, VAE usw. ist sicher ebenso asozial. Despoten in Nahost und Nordafrika, oder Oligarchen wie sie in Russland genannt werden, sind aber nicht etwa Auswüchse, mit denen die westliche Welt nichts zu tun hat. Vielmehr sind es besonders unsoziale und undemokratische Formen des real existierenden Kapitalismus, die diesem System immanent sind.
In der westlichen Demokratie, wie z.B. in Deutschland, ist es kaum möglich, dass sich Staatsoberhäupter den Reichtum eines Landes in die eigene Tasche stecken. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft im Westen nicht derart auseinander. Armen geht es im Westen noch relativ „gut“, und mit Reichtum ist sicher nicht z.B. das Eigentum an ein Eigenheim gemeint. Das Gesellschaftssystem im Westen ermöglicht es aber ebenso, dass nur Wenige vom größten Teil des Reichtums einer Gesellschaft profitieren, der Ertrag gesellschaftlicher Arbeit in die Taschen Weniger fließt. Im real existierenden Kapitalismus werden Gewinne zum größten Teil privatisiert und Verluste sozialisiert. Wobei die größten Verluste von verantwortungslosen Zockern verursacht werden, wie in der anhaltenden Finanzkrise. Es herrscht die unerträgliche Situation, dass das unermesslich weltweite Finanzvermögen sich fast nur noch in der Hand weniger Reichen (Millionäre), Superreichen (ab 30 Millionen), sowie Ultrareichen (Milliardäre) befindet. Letztere machen 1 Prozent der Weltbevölkerung aus und besitzen rund ein Viertel des gesamten Finanzvermögens! Die Reichsten unter den wirklich Reichen haben ihr Ziel noch nicht erreicht, sie wollen Billionäre werden. Reichtum macht vielleicht nicht glücklich, aber es verschafft Macht, die im Hintergrund regiert, nicht die Politik.
Die reichsten 10 % der Bevölkerung bringen zwar 50 Prozent der Steuern auf, besitzen aber auch über 60 Prozent des Gesamtvermögens. Den Rest von etwa 40% teilt sich der Rest der Menschheit. Einige leben noch ganz gut davon, andere kämpfen um ihre Existenz oder um ihr nacktes Leben. Weltweit verzeichnet die Forbes-Liste 1.210 Dollar-Milliardäre, 200 mehr als 2009. Nach der Liste ist ein mexikanischer Unternehmer mit 74 Milliarden US-Dollar reichster Mann der Welt. Oder ist es Mubarak, oder doch Gaddafi? Danach folgt ein Amerikaner mit 56 Milliarden Dollar. Die meisten Milliardäre leben in Moskau (79 an der Zahl). Reichster Deutscher ist Aldi-Gründer mit 25,5 Milliarden US-Dollar. Offensichtlich ist die Liste unvollständig, da das Vermögen von Despoten nicht aufgeführt wird und das der wirklich Vermögenden nur geschätzt werden kann. In der Öffentlichkeit stehen nicht die wirklich Reichen, sondern nur die ein wenig Reichen und Schönen.
Unternehmen tragen nach einem OECD-Vergleich nur wenig an den gesamten Steuereinnahmen bei (in Deutschland 5,1%, lt. Verteilungsbericht 2011). Dagegen ist der Anteil der Massensteuern am Steueraufkommen (z.B. Lohnsteuer) seit 1960 von 38 auf über 80 Prozent gestiegen. Unternehmensgewinne sind um 16,7% gestiegen, während die Löhne in Deutschland zwischen 1991 und 2011 real um 5% gesunken sind, davon die geringsten Einkommen um 20%. In den vergangenen zehn Jahren stiegen die Dividendenzahlungen der 30 DAX-Unternehmen im Schnitt um 87%, der Personalaufwand in diesen Unternehmen (Löhne, Abgaben und Altersversorgung) lediglich um 12%.
Arbeitnehmer die ihren Job verlieren, sind immer häufiger sofort auf Arbeitslosengeld ALG II angewiesen (umgangssprachlich Hartz IV, Herzstück der „Agenda 2010“, Regelsatz 364,-€, zuzüglich einer „angemessenen“ Miete). Mittlerweile ist jeder vierte Beschäftigte davon abhängig. Ein Leiharbeiter erhält für die gleiche Arbeit weniger Lohn, als ein Beschäftigter aus der Stammbelegschaft. Nach Einführung von Hartz IV hat sich, wie zu erwarten war, die Beschäftigungszahl in der Leiharbeit auf mehr als 850.000 Menschen verdoppelt. Dies hat auch, wie von einigen vorausgesagt, zu einer weiteren Senkung der Realeinkommen geführt. Den Anspruch auf ALG I von etwa 812,-€ hat verloren, dessen Beschäftigungszeit entweder zu kurz war, oder dessen zuvor erzieltes Lohneinkommen zu niedrig war.
Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn ist vor diesem Hintergrund mehr als berechtigt. Über die Jahre gab es zwar Lohnerhöhungen um 39 Prozent (von 1.174 auf 1.626 € netto, also nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen), aber die glichen nicht einmal die Verluste aus Inflation aus. Nach Geldentwertung durch den Anstieg der Verbraucherpreise ist die Kaufkraft real gesunken. Aber Lohnempfänger gehören so oder so nicht zu den wirklich Reichen, auch nicht die Spitzenverdiener. Nach der aktuellen OECD-Studie beliefen sich 2008 die Nettobezüge der zehn Prozent der Deutschen mit den höchsten Einkommen auf durchschnittlich 57.300 Euro im Jahr, etwa achtmal so viel wie die untersten zehn Prozent (7.400,-€ p.A.!, ohne staatliche Hilfsleistungen).
Der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel z.B. bezieht eine monatliche Pension von rund 7.100,-€. Vor Gericht streitet er darüber hinaus als ehemaliger Kasseler Oberbürgermeister und hessischer Ministerpräsident um eine weiter Rente von 9.600,-€. Diese verwerte ihm jetzt das Bundesverwaltungsgericht wegen „Vermeidung einer Überversorgung“. Die 7.000,-€ monatlich (etwa, incl. Zinsen) würde sich auch ein einfacher Millionär als Rente gönnen können, wenn er sich mit 65 zur Ruhe setzt. Ein einfacher Milliardär dagegen hat sich eine Rente von etwa 7 Millionen € „verdient“, monatlich wohlgemerkt.
Die Einkommenskluft zwischen Arm und Reich ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten gerade in Deutschland stark gestiegen. Verantwortlich dafür sind vor allem die Unterentwicklung der Löhne und Gehälter, sowie der starke Zuwachs von Teilzeit- und Leiharbeit. Die zunehmende Ungleichheit schwächt die Wirtschaftskraft eines Landes, gefährdet den sozialen Zusammenhalt und schafft politische Instabilität. Nötig wären mehr Investitionen in Bildung und Weiterbildung, höhere Sozialleistungen und Stärkung öffentlicher Dienste, eine Regulierung der Arbeitsmärkte sowie eine höhere Belastung der Unternehmen und wirklich Vermögenden. Aber das ist mit den derzeit Regierenden (konservativ und rechts) nicht zu machen. Kein Wunder, denn solche Meldungen und katastrophalen Zustände ziehen wenig Empörung in diesem Land nach sich.
Es findet eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben statt. Während der Anteil am Nettovermögen für die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung von 58 auf 61% gestiegen ist und das reichste Prozent der Deutschen über 23% der Vermögenswerte verfügen, haben die „unteren“ 70 Prozent gerade mal 9% davon. 27 % der deutschen Bevölkerung besitzt überhaupt kein Vermögen. Der Anteil des Einkommens aus Unternehmens- und vermögensgewinnen (Profitquote) ist seit 2000 von 27,9 auf 33,5 % angestiegen. Das Vermögen wuchs in Deutschland zwischen 2002 und 2007 von 6,5 auf fast 8 Billionen €. Die „unteren“ zehn Prozent hingegen sind mit über 13 Milliarden Euro verschuldet. Zahlen, die jedermann an der Frankfurter »Reichtumsuhr«, oder an der Berliner »Schuldenuhr« ablesen kann, und von denen einem schwindlig wird.
Das private Vermögen aller Deutschen beträgt mehr als das Dreifache des gesamten jährlichen Bruttoinlandproduktes (BIP, 2,5 Billionen €). Erschreckend ist, dass gleichzeitig das staatliche Vermögen in Deutschland von 52 % des BIP auf nur noch 6 % sank. D.h. der Staat verfügt immer weniger z.B. für die Beseitigung von Armut in Deutschland, für Kultur, für Gesundheit, für Forschung und Wissenschaft usw.. Den Einnahmen aus Steuern stehen rasant steigende Staatsschulden gegenüber. Diese Schieflage, welche sich im deutschen Staatshaushalt widerspiegelt, kann entweder durch eine Schuldenbremse oder sofort durch eine Umverteilung z.B. über Steuern beseitigt werden. Ersteres entspricht rechter und das Zweite würde linker Politik entsprechen. Linke Politik will erwirtschaftetes Vermögen gesamtgesellschaftlich besser verteilen. Gerade in konjunkturell schlechten Zeiten wirkt die Schuldenbremse bezüglich Wachstum und Beschäftigung kontraproduktiv, da sie das Ziel der Zukunftsvorsorge ausschließlich auf die Reduzierung der öffentlichen Verbindlichkeiten beschränkt. Rechte Politiker würden nie das „scheue Reh“ des Kapitals vertreiben wollen. Aber lieber ein scheues Reh vertreiben, als eine nimmer satte Hyäne füttern.
Eine Steuer von „nur“ einem Prozent auf das Nettovermögen oberhalb eines Freibetrags von 500.000 Euro würde etwa 20 Milliarden Euro im Jahr einbringen: Darum: Vermögensteuer jetzt!
Dass die Besserverdienenden überproportional auf ihr Einkommen besteuert werden, ergibt sich schon aus der Verfassung, nach der Deutschland ein Sozialstaat ist. In Bezug auf ihr Vermögen sind sie aber immer noch verfassungsfeindlich im Sinne von „Eigentum verpflichtet“. Ihr Vermögen wird vom Staat geschützt, da es nicht besteuert wird. Das sichert den wirklich Reichen ein asoziales Leben (hier im Sinne von gemeinschaftsschädigend, also ein von gesellschaftlichen Normen abweichendes Individualverhalten). Selbst wenn die wirklich Reichen einen Teil ihres Vermögens spenden würden (was auch schon vorgekommen ist), oder eine Stiftung gründen, wäre das noch keine Gerechtigkeit, sondern ein Schlag gegen die Demokratie, wenn sie allein über die Verwendung des gespendeten Geldes bestimmen. Außerdem wäre es auch nur eine große Show, da sie die Spende steuerlich abschreiben würden.
Lt. Armutsbericht von 12/11 ist in Deutschland jeder siebente von Armut betroffen, bzw. bedroht. D.h. zwölf Millionen leben an oder unterhalb der Armutsgrenze (s. Bild: rot gefärbt).



Dass die Armut überdurchschnittlich im Osten, sowie im Ruhrgebiet vorhanden ist, liegt an der hohen Arbeitslosigkeit und dem Anteil von 40% Beschäftigten im Niedriglohnbereich. In Berlin z.B. lag die Armutsgrenze bei 742 Euro monatlich im Jahr 2010. Da selbst in Jahren mit starkem Wirtschaftswachstum die Armut nicht zurückgegangen ist, spricht man von einer Verhärtung der Armut, auf hohem Niveau, im doppelten Sinne. Im Ruhrgebiet wuchs die Armut vor allem durch die Finanzkrise 2009, in der hohe Einnahmeverluste für die Gemeinden entstanden. Spalter der „Deutschen Einheit“ sehen im Solidaritätszuschlag die Ursache für die Situation im Westen des Landes. Besser wäre es den „Soli“ anzupassen. Er sollte fließen von Ländern mit hoher Armut in Länder mit weniger Armut, also z.B. von Bayern auch ins Ruhrgebiet. Der aktuelle Armuts- und Reichtums-Bericht der Bundesregierung widmet sich auf 400 Seiten den Armen und auf zehn Seiten den Reichen. Das Verhältnis sagt viel. Bei der Frage: Wer regiert dieses Land wirklich, wäre das Verhältnis genau umgekehrt. Armut kann jeder sehen, Reichtum ist unsichtbar und lebt im geschützten Raum. Deshalb gibt es leider auch kein Günter Wallraff "Ganz unten" einmal von: Ganz oben.
Spendenkultur im Westen, auch die der Mittelschicht, lindert keine Armut, nicht mal ansatzweise, solange sich regierende Politiker aus ihrer Verantwortung heraushalten. „Gerechtigkeit siegt, aber nur im Film“, vor allem solange die herrschende Moral die Moral der Herrschenden ist, sagt Rudolf Taschner in seinem jetzt erschienen Buch.
Es findet eine gigantische Umverteilung des gesellschaftlichen Vermögens von unten nach oben statt. Oder trivial ausgedrückt: Die Reichen zahlen immer weniger Steuern. Während sich das weltweite Finanzvermögen in unvorstellbarer Größenordnung vermehrt, bleiben Löhne und Gehälter unverändert, bzw. sinken real. D.h. der Mehrwert an produktiver Arbeit einer Gesellschaft fließt nur noch in die Taschen der Reichen, bzw. der große Anteil der Menschheit arbeitet nur noch, um die Reichen noch reicher zu machen. Die einkommensstärksten 20 % der Weltbevölkerung in den Industrieländern des Westens, das sind 1,4 Milliarden Menschen verbrauchen mehr als 80 % der globalen Produktion, 60 Mal mehr als die ärmsten 20 %.
Von den 500 finanzstärksten Personen der Welt haben rund 50 % ihr Vermögen geerbt, d.h. Reichtum ist in den seltensten Fällen das Ergebnis von Leistung. Nach der Erbschaftssteuerreform 2009, nach der höhere Freibeträge z.B. für Omas Einfamilienhaus gelten, geht die Zahl der steuerpflichtigen Erbschaften und Vermächtnisse zurück. Gleichzeitig wuchs die Erbschaftsteuer um rd. 16 % auf absolut 3,4 Milliarden €. D.h. vererbtes Vermögen wird immer größer, für Einzelne.
Der Kapitalismus war lange Zeit der Motor für Fortschritt und hat die menschliche Gesellschaft insgesamt bereichert, wie jede andere Gesellschaftsformation vor ihr. Der heutige Finanzkapitalismus hingegen zerstört zunehmend Kreativität und Produktivität. So wie es Marx schon vor rd. 170 Jahren sehr eindrucksvoll beschrieben hat. Der größte Teil des unermesslichen Reichtums einiger weniger Superreichen wird an der Börse verzockt, oder verwendet, um andere Firmen zu schlucken. Letzteres erfolgt nicht etwa um die Produktion zu erweitern, sondern um die übernommenen Teile im Eigeninteresse auszuschlachten. Der geringste Teil des unermesslichen Reichtums fließt in die produktive Wirtschaft, in Bildung, Kultur oder Soziales. Daran ändert auch nichts die noch beste Demokratie der Welt, solange sie nicht auch für soziale Gerechtigkeit sorgt. Wirkliche Freiheit besteht erst, wenn sie auf Gleichheit (der Frau, der Bildungschancen usw. usw.) beruht. In Deutschland spricht man der Ehrlichkeit halber auch nur von einer Parteiendemokratie.


Die größte Katastrophe des 20 Jahrhunderts? 6/11, 12/11
Nicht nur Russland, auch die einstigen Sowjetrepubliken sind nach Unabhängigkeitserklärung und Systemwechsel 1991 sehr schnell zu dem Gesellschaftsmodell von vor 1920 (Zarenreich) zurückgehrt, als die Sowjetmacht auch in Zentralasien gesiegt hatte. Sie haben sich auf der Suche nach eigener nationaler Identität und einem Weg in die Zukunft von den Idealen einer klassenlosen Gesellschaft von Brudervölkern verabschiedet. Wladimir Putin bezeichnete im Nachhinein den Untergang der Sowjetunion als eine der größten Katastrophen des 20 Jahrhunderts. Die UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS war als Instrument zur zivilisierten Scheidung gedacht. Noch heute ist die aus elf Staaten bestehende Gemeinschaft mit vielen ihrer Probleme hoffnungslos überfordert. Nachdem die einzelnen Nationalstaaten auch die souveräne Verfügungsgewalt über ihre Ressourcen erhielten, setzen sie sie auch als Druckmittel gegen die Nachbarn ein. Streitobjekte sind oft Öl, Gas und zunehmend auch Wasser. Außer Litauen, Lettland, Estland und Moldova haben alle ehemaligen Sowjetrepubliken das politische System Russlands kopiert und in Sachen Demokratie noch mehr Defizite als das Vorbild. Die Ukraine und Georgien sind aus der GUS ausgetreten und drängen in die NATO. Moldova peilt als Fernziel die „Wiedervereinigung“ mit Rumänien an, Aserbaidshan denkt an einen Bund türkischer Staaten. Kasachstan, Armenien, Usbekistan, Tadshikistan, Belarus und Kirgistan sind zwar Mitglied des von Russland dominierten Verteidigungsbündnisses, lassen sich ihre Loyalität aber teuer bezahlen. Russland, Belarus und Kasachstan haben sich jetzt auf eine Zollunion geeinigt, als ersten Schritt auf dem Weg zu einem Eurasischen Wirtschaftsraum, der eine Frühform der Europäischen Gemeinschaft kopiert. Verkehrssprache und oft sogar zweite Staatssprache ist nach wie vor Russisch, vor allem in Zentralasien, wo die meist mit dem Türkischen eng verwandten Nationalsprachen schon im Zarenreich stagnierten.
Auf unserer Asienreise konnten wir in den Ländern Ukraine, Russland, Kasachstan, Kirgistan Usbekistan und Tadschikistan unser eigenes Bild machen (s. Themen hier im Blog).
Im ersten Halbjahr 2011 ist die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden Menschen in Russland um etwa zwei Millionen gestiegen auf 21,1 Millionen (rd. 15% von 142,9 Mio). Soziologischen Forschungen und Umfragen zufolge ist nur etwa ein Fünftel der Bevölkerung Russlands mit den jetzigen Verhältnissen vollauf zufrieden. Länder wie China, Vietnam, Indien und Brasilien z.B. zeigen einen anderen Weg als den rein kapitalistischen, der in Russland von einer Niederlage zur anderen führt. Das hohe Wachstum und der Widerstand gegen den negativen Einfluss der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in jenen Ländern zeigen, dass nationale Planung und Markt durchaus vereinbar sind. Viele Sowjetbürger wollten nicht zurück zum Kapitalismus und nicht das gesellschaftliche Eigentum durch Privateigentum ersetzen, sondern einfach nur mehr Demokratie. Selbst Sacharow verstand unter Konvergenz der zwei Systeme, dass die westliche Demokratie mit der sozialistischen Planwirtschaft vereint werden sollte. Gorbatschows demokratischer Sozialismus entsprach dem, was die Menschen erwartet hatten: Glasnost, also freie, demokratische Wahlen. Gewonnen haben Kräfte in Russland, die Privatisierung des gesellschaftlichen Eigentums und damit Restauration des Kapitalismus wollten. Dies entsprach aber bei weitem nicht dem Willen des Volkes, meint Professor Soltan Dzarasov vom Institut für Ökonomie der Akademie der Wissenschaften Russlands. Man versprach den Russen keine blühenden Landschaften, dafür aber das Himmelreich auf Erden. Man erzählte ihnen, dass freie Preisbildung zu Konkurrenz und niedrigeren Preisen, die Übergabe des Eigentums in Privathand zur Herausbildung einer effektiven Wirtschaft führt, und dass sich in der Marktwirtschaft schon alles fügen würde. Die Masse der Russen ist heute bitter enttäuscht. Die Privatisierung des Volkseigentums war von einem nie da gewesenen Niedergang der Produktion begleitet. 1995 war die Produktion fast auf die Hälfte des Standes von 1990 gesunken, die Investitionen betrugen nur noch ein Viertel. Im Ergebnis der Reformen fiel Russland 1998 hinsichtlich des Bruttoinlandsproduktes vom 3. Platz, den es 1989 im internationalen Vergleich eingenommen hatte, auf den 10. Platz. Nicht Reformen haben inzwischen zu einer Verbesserung geführt, sondern lediglich Preiserhöhungen für den Export von Roh- und Brennstoffen auf dem Weltmarkt, die dem Bruttoinlandsprodukt zugerechnet wurden. Heute ist Russland in hohem Grade vom Export der Brenn- und Rohstoffe abhängig. In wissenschaftlich-technischen Fortschritt und in die Modernisierung der Wirtschaft wird kaum noch investiert. Jelzin hat den Boden für die Rückkehr einer Monarchie bereitet. Er reichte das Zepter an Wladimir Putin weiter und dieser an Dmitrij Medwedew, der es an seinen Vorgänger zurückzugeben will. Doch scheint nicht alles so glatt zu gehen, wie es im Drehbuch steht. Die Wahl der Partei „Einiges Russland“ hat zu Massenprotesten geführt, den machtvollsten in den letzten 20 Jahren. Das Volk hat den Regierenden zum ersten Mal seit 1990 ein sichtbares Zeichen gesetzt, dass es nicht gewillt ist, länger Willkür und Not schweigend zu dulden.
Meinungsforscher des als unabhängig geltenden Moskauer Lewada- Zentrums hatten während einer Kundgebung Teilnehmer nach ihrer Weltanschauung befragt. Demzufolge bekannten sich 70 Prozent zu liberalen Werten, 25 Prozent bezeichneten sich als Kommunisten, Sozialdemokraten und Linke, fünf Prozent als Nationalisten. Das ermögliche eine breite linksliberale Koalition für soziale und politische Reformen

Syrien, eine unendliche Geschichte? 5 + 6 + 7 + 12/11
Die Unruhen der letzten Monate haben das Land von Grund auf erschüttert. Nicht zuletzt durch das militärische Eingreifen der syrischen Armee ist die Situation außer Kontrolle geraten. Von verschiedenen Moscheen aus sind Mitte April Demonstrationen ausgegangen, die mit der Parole »Gott, Syrien, Freiheit, mehr nicht« eine Reaktion auf die Unruhen in der Stadt Daara waren, die wir auf unserer Reise noch am 8.3.11 besucht haben. Am 25.3.11 waren dann Panzer in Daara aufgefahren. Ein weiteres Zentrum des Widerstandes in Syrien ist Hama, das Zentrum der verbotenen Muslimbrüder, die sich seit Jahrzehnten gegen das Regime in Syrien, teils bewaffnet, zur Wehr setzen. 1982 ließ deshalb der damalige Präsident Hafez al-Assad, Vater des jetzigen Staatschefs Baschar al-Assad, einen Aufstand blutig niederschlagen. Wir haben diese Städte kurz vor den aktuellen Unruhen besucht (siehe auch zum Thema: „Reise Nahost, Nordafrika“). Die Stadt Homs wurde zu einer der größten Unruheherde.
Inzwischen geht es nicht nur um Assads Baath-Partei, die dem Westen ein Dorn im Auge ist und der Syrien nur als „Terrorhelfer und Folterstaat“ sieht. Mit Assad steht und fällt auch das bisherige Tabu, dass in Syrien die Religion zu politischen Zwecken missbraucht wird und einzelne Volksgruppen die nationale Identität Syriens in Frage stellen. Unklar bleibt, auch für viele Syrer, wer eigentlich gegen wen kämpft: dogmatisch-muslimische Salafisten, Anhänger der Muslimbruderschaft, legitime Bürgerwehr oder vom Ausland bewaffnete Oppositionelle. Assad gehört zu den alewitischen Muslimen, die ihn unterstützen. Die Alewiten sind Anhänger einer Richtung des schiitischen Islams, der in Iran Staatsreligion ist. Sunnitische Muslime sind Gegner von Assad und wegen seiner laizistischen Politik maßgeblich in den bewaffneten Aufstand verwickelt.
Die meisten Soldaten, die derzeit die syrische Armee verlassen, sind Sunniten und erhalten Unterstützung von sunnitischen Geldgebern am Golf. Kurden sind mit zehn Prozent der Bevölkerung die größte ethnische Minderheit in Syrien. Sie werden stark diskriminiert und waren staatenlos. Assad lieferte die Kurden, die als Anhänger der dort verbotenen PKK aus der Türkei geflohen sind, an die Türkei auf deren Bitte aus. Damit hat er eine weitere syrische Minderheit gegen sich, die schon sein Vater verfolgt hatte. Auf dem Höhepunkt der ersten Protestwelle im März haben Hunderttausende von ihnen die syrische Staatsbürgerschaft erhalten. Jetzt gehen sie mit assyrischen Christen auf die Straße, um für Freiheit zu demonstrieren. Aber das Volk ist gespalten und geht nicht geschlossen auf die Straße. Millionen sind weniger für Assad, als vielmehr für sein Reformprogramm auf die Straße gegangen. Nach Schätzungen hat die syrische Opposition, darunter der Nationalrat, etwa 15% der Syrer hinter sich. 35% der Bevölkerung unterstützen die syrische Regierung, die Hälfte der rd. 20 Millionen Syrer bildet eine „schweigende Mehrheit“. Derartige Zahlenspiele sind natürlich spekulativ, geben aber sicher einen Hinweis auf das Patt in Syrien, und darauf, dass die syrische Bewegung nicht mit der in Tunesien und Ägypten vergleichbar ist.
Sicherheitskräfte und teilweise Armee wurden gegen Demonstrierende eingesetzt. Damit steht Assad auf der Seite der Despoten, die Gewalt gegen das eigene Volk einsetzen. Zu lange schon teilten sich Vater und Sohn die Macht, der Personenkult um die Präsidentenfamilie hatte schon Blüten getragen. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille, die jedoch ausschließlich im Westen gezeigt wird. Vielmehr handelt es sich um eine komplexe Konfliktlage. Die Meldungen aus dem Land sind widersprüchlich. Weder sind die Demonstranten nur „unbekannte, vom Ausland gesteuerte Bewaffnete“, noch wird die Armee nur „gegen das eigene Volk“ eingesetzt und hinterlässt dabei nicht nur „verbrannte Erde“. Die Wahrheit liegt vielleicht irgendwo in der Mitte. Nicht nur die Opposition, auch Anhänger Assads bringen Tausende auf die Straße. Letztere sind eher der Meinung, Veränderung brauche Zeit und könne nur friedlich und gemeinsam erreicht werden, nicht durch Gewalt, egal von wem. Zu ihnen gehören sicher auch die vielen Frauen, die durch die Trennung von Religion und Staat ein relativ selbstbestimmtes Leben führen können, wie wir es sonst in keinem anderen islamischen Staat auf unserer Reise erleben konnten. Der Fehler der Führung des Landes war das harte Eingreifen. Der Fehler der Opposition war, das Angebot zum Dialog nicht angenommen zu haben. Aber ohne Dialog bleibt nur Bürgerkrieg.
Die ursprüngliche, intellektuelle und säkulare Oppositionsbewegung Syriens wurde zwischen den Fronten zerrieben. Anfangs demonstrierte die politische Opposition für einen freien, demokratischen Staat und ist eine Bewegung der einfachen Leute. Inzwischen sind es Millionen aus der traditionellen Gesellschaft. Zum anderen sind es Intellektuelle, die sich schon lange für eine moderne Zivilgesellschaft einsetzen. Neu war anfangs, dass auch die traditionelle Gesellschaft mehr für Werte einer freien Gesellschaft demonstriert, als für Werte des Islam. Syrien ist ein säkularer Staat, Religion ist Privatsache. So wie Kirchen ihre Glocken läuten, darf der Ruf zum Gebet durch den Muezzin über Lautsprecher ertönen. Darüber hinaus werden auch zunehmend Freitagsgebete über Lautsprecher ausgestrahlt. Islamische Kräfte haben aber nicht den Rückhalt in der Masse der Bevölkerung. Trotzdem besteht die Gefahr, dass der Aufstand gegen Assad in einen Krieg der Religionsgemeinschaften mündet. Inzwischen hat die syrischen Opposition (der „Syrische Frühling“) ihr Ziel aus den Augen verloren. Ursprünglich ging es um Freiheit, Würde, menschliche Werte. Jetzt geht es weitgehend nur noch um Rache, wie in Libyen.
Das syrische Regime hat sich, bzw. wurde zunehmend international isoliert. Mit Ausnahme von Libanon und Irak hat es keine Verbündeten mehr in der Region. Die Grenze zwischen Libanon und Syrien wurde während der französischen Kolonialzeit nach Ende des Osmanischen Reiches 1918 willkürlich gezogen und damit Familien und Clans auseinandergerissen. Die Franzosen teilten die historische Provinz Syrien in sechs Regionen ein. Seit der Unabhängigkeit Syriens 1946 hatte keine syrische Regierung diese Grenzziehung akzeptiert. Erst Präsident Baschar al-Assad nahm 2008 eine „historische Korrektur“ vor und erkannte Libanon als selbstständigen Staat an. Aus dem zivilen Grenzverkehr ist heute eine militärische Nachschublinie geworden: Flüchtlinge kommen aus Syrien, während Waffen und Milizen nach Syrien geschmuggelt werden. Libanon stellt sein Territorium jedoch nicht wie die Türkei zur Verfügung, um desertierte Soldaten der syrischen Armee und andere Bewaffnete für den Kampf gegen Syrien vorzubereiten.
Libyen wurde durch Bürgerkrieg und mit Unterstützung der Nato aus dem Kreis der verbündeten zum Gegner gebombt. Obwohl sich Syrien und Iran in der Frage Staat und Religion scheiden (der eine ein laizistischer Staat mit Einparteiensystem, der andere ein theokratischer Gottesstaat mit präsidentiellem Regierungssystem), haben beide vor allem mit den USA und Israel gemeinsame Feinde, die sie zu Verbündeten machen. Die Staaten der Arabische Liga stehen in Konfrontation zu Syrien. Den konservativ-sunnitischen Golfmonarchien ist Syrien als säkular geführter Staat stets verhasst gewesen, noch dazu beherrscht von der alewitischen Minderheit. Gleichwohl will aber die Arabische Liga die Gewalt von allen Seiten stoppen und die Gefangenen befreien. Dann soll es Verhandlungen zwischen der Opposition und dem Regime geben, damit es wirkliche Änderungen einleitet.
Ägypten und Tunesien werden sich erst nach den Wahlen verbindlich positionieren können. Die türkische Haltung hat sich gewendet, inzwischen droht auch die Türkei mit Krieg. Die türkische Forderung an Syrien, es möge sich nicht gegen das eigene Volk wenden, ist angesichts der über Jahrzehnte anhaltenden Unterdrückung der Kurden in der Türkei unglaubwürdig. Als Nato-Verbündeter muss die Türkei den Anweisungen aus dem Westen folgen. Zudem strebt die sie nach mehr Einfluss im Nahen Osten. Scheinheilig ist auch, wenn sich Staaten wie Saudi-Arabien oder die Emirate, in denen weder Parteien noch Gewerkschaften erlaubt sind, geschweige denn Wahlen, die diesen Namen verdienen würden, über die Menschenrechtslage in Syrien echauffieren.
Infolge des Vetos seitens Russlands und Chinas wurden gegen Syrien noch keine Maßnahmen in der UNO beschlossen. Beide Vetomächte favorisieren friedliche Mittel und Verhandlungen zur Eindämmung von Gewalt in Syrien. Aber diese Möglichkeit schwindet zunehmend. Der Westen versucht alles um Assad zu beseitigen. Wie schon bei der Beseitigung Gaddafis in Libyen und Husseins in Irak ist dem Westen Krieg ein „legitimes“ Mittel. Militante Gruppen in Syrien werden heimlich mit Waffen ausgerüstet, um dann über die vielen Toten zu berichten, von denen etwa die Hälfte Opfer der bewaffneten Opposition sind. Gleichzeitig wird die syrische Opposition aufgefordert, sich auf keinen Dialog einzulassen.
Während sich die internationale Gemeinschaft gegen Syrien einmischt, schaut sie z.B. in der Westsahara weg. Frankreich, einer der Kriegstreibenden im Club der Scheinheiligen wie schon in Libyen, verhindert sogar eine Mission in der UN zum Schutz der Zivilbevölkerung in der Westsahara, welches von Marokko schon seit über 35 Jahren besetzt ist.
Der Kampf um Vorherrschaft im Nahen Osten ist voll entbrannt. Syriens geografische Lage ist dabei sehr wichtig. Durch Syrien verläuft die Straße zwischen der Türkei und den Golfstaaten. Manche dieser Staaten wollen auf dem Rücken von Syrien ihre Probleme mit Iran oder mit der Hisbollah austragen, oder ihre Konkurrenz zur Türkei. Andere wiederum stehen zu den Golfstaaten, weil sie von diesen finanzielle Unterstützung erhalten. Ein Sturz der Regierung Assads würde angesichts der besonderen geopolitischen Lage Syriens das gesamte Machtverhältnis in der Region ändern und die Lage eskalieren lassen.


Syrien am Abgrund?
Siehe auch zum Thema „Syrien im Umbruch?“ 3/11


Aufbruch der arabischen Welt 11/11 + 12/11
Beinahe in der gesamten arabischen Welt findet derzeit ein Aufbruch statt. Warum gerade jetzt und nahezu gleichzeitig in verschiedenen, politisch ganz unterschiedlich strukturierten Ländern? Seit der Unabhängigkeit von den Kolonialmächten erlebten die Menschen in der arabischen Welt nur Diktaturen, und seitdem kämpfen sie auch dagegen. Es gab mehrere Revolutionen, die im Westen relativ unbekannt geblieben sind: z.B. 1991 in Irak, 1996 in Jordanien die Brotrevolution und schon 1998 Aufstände gegen Gaddafi. Im Kalten Krieg gab es in der arabischen Welt starke kommunistische Parteien gegen arabische Diktatoren. Mit Unterstützung aus dem Westen wurden Kommunisten zurückgedrängt, wie auch andere fortschrittliche Kräfte und andere kleine Parteien wie Demokraten und Liberale. Geblieben sind zwei Mächte, die Diktatoren und die islamischen Parteien. Das Besondere der aktuellen Aufstände ist, dass sie vor allem von der Jugend getragen werden, für die Ideologie keine Rolle spielt. Sie wollen nicht die Macht, ihnen geht es vor allem um Freiheit. Das Problem der arabischen Welt sind die Diktaturen, nicht der Islam. Die Rolle, die Islamisten bei den ersten freien Wahlen ggf. spielen, weil sie die einzige wahrnehmbare Kraft neben den Diktaturen waren, wird nicht nachhaltig sein.
Die arabische „Revolution“ ist ein offener Prozess. Es gibt eine demokratische Revolution, die aber starke soziale Aspekte hat. Die Leute wollen nicht nur eine andere Regierung, sondern ein anderes Leben. Zuerst in Tunesien, dann in Ägypten wurden die langjährigen Präsidenten zum Rücktritt gezwungen und die jeweiligen Staatsparteien wurden verboten. Die Träger des alten Machtapparates, wie Polizei Nachrichtendienste in Tunesien und die Armee in Ägypten blieben aber unangetastet und damit auch die alten Verhältnisse in Bezug auf Eigentum und Reichtum. Die Verteilung des Reichtums wird von vielen als skandalös eingestuft. Ob sich die Bewegungen auch gegen diese Machtapparate durchzusetzen können, ist ungewiss. Die demnächst zu bildenden Regierungen werden zuerst sicher viele Erwartungen enttäuschen. Aber die arabische Welt ist nicht mehr wie vorher. Die Erkenntnis der Massen, dass sie etwas erreichen können, kann ihnen niemand nehmen. Der Publizist Bernhard Schmid meint in seinem Buch „Die arabische Revolution?....“, dass vor allem soziale Kräfte in Bewegung geraten sind, die unterschiedlich in den einzelnen arabischen Ländern agieren. Nicht die politischen Parteien waren die Akteure, sondern vor allem die geburtenstarke junge Generation zwischen 15 und 30 Jahren, sowie die gebildeten Schichten, wie Juristen, die ständig mit dem Unrecht des Staates konfrontiert wurden, aber auch oppositionelle Gewerkschaften und die politischen Kräfte im Islam. Aber der politische Islam ist keine geschlossene Bewegung sondern sehr heterogen und hat sich als Hauptopfer der Repression unter dem alten Regime, und im Kampf dagegen für strategische Bündnisse mit linken, liberalen, nichtgläubigen Kräften entschieden. Der politische Teil des Islam hat solange Erfolg, solange andere Parteien keine Gesellschaftsalternativen zu bieten hat.
In den arabischen Staaten laufen die begonnenen Prozesse sehr unterschiedlich ab. Das marokkanische Regime, eine Jahrhunderte alte Monarchie, ist ein anderes als das mafiöse tunesische Regime unter Ben Ali, das keine vergleichbare historische Tiefe hatte. Algerien ist ein Sonderfall, weil die Gesellschaft auf Grund des blutigen Bürgerkrieges von 1992 bis 1998 relativ konfliktmüde reagiert. Dort entladen sich die Konflikte eher in zeitlich und räumlich begrenzten spontanen Eruptionen. Die Regimes reagieren auch unterschiedlich. In Tunesien und Ägypten wurden sie dazu gezwungen, Zugeständnisse zu machen. In Marokko bietet das Regime als Ausweg institutionelle Reformen etwa in Form der Verfassungsänderung vom Juni/Juli, die den autoritären Charakter der Monarchie etwas relativieren. In anderen Ländern gibt es rein repressive Antworten, siehe Syrien. Auch in Bahrain stand die Repression im Vordergrund. Manche Staaten probieren einen Mix aus repressiven Antworten und dem Versuch, den sozialen Frieden zu kaufen, indem Geld ausgeschüttet wird, wie in Saudi-Arabien und Algerien.
Was die arabische Welt jetzt nicht braucht und im Grunde auch nicht will, ist die Einmischung von außen. In Libyen hat sich die Nato völkerrechtswidrig eingemischt, mit scheinheiligen Begründungen und Lügen. Dem Westen, wie auch dem Provisorischen Nationalrat ging es in Libyen nur um Machtwechsel und die „physische Beseitigung“ von Staatschef Muammar al-Gaddafi. Die Sorge um Menschenrechte ist doppelzüngig, weil der Westen in ähnlichen Fällen auch nicht intervenierte, wie z.B. in Libanon 2006, oder bei der Gaza-Bombardierung durch Israel 2008, oder in Bangkok 2010, oder bei der Verfolgung der Kurden in der Türkei. Nach dem Fall Gaddafis stehen nun Syrien und Iran im Visier, weil diese den eigennützigen Interesse des Westens im Wege sind. Verabscheuungswürdig ist nicht nur „staatliche Gewalt gegen die eigene Bevölkerung“, sondern auch die Gewalt gegen diese Gewalt, der völkerrechtswidrigen Kriege gegen eine andere Nation, sowie das zweierlei Maß, mit dem nicht nur der Westen immer wieder misst.
Aber nicht nur in der arabischen Welt rührt sich Widerstand gegen herrschende Verhältnisse. Mit "Empört Euch!" und "Engagiert Euch!" hat der einstige Résistance-Kämpfer und spätere Diplomat Stéphane Hessel einen millionenfachen Bucherfolg erzielt. Neben dem Klimawandel und dem Konflikt der Kulturen nennt er darin auch die größer werdende Schere zwischen Armut und Reichtum eine der großen Bedrohungen der Welt von heute. Jetzt ist das Buch „Vernetzt Euch!“ der Bloggerin Lina Ben Mhenni hinzugekommen, die einen nicht unmaßgeblichen Anteil an der „Jasmin-Revolution“ in Tunesien hat. Ben Ali war einer der Diktatoren, die gesellschaftliches Eigentum als ihr Privateigentum betrachten. Der Westen hat seine Lektion noch immer nicht gelernt und unterstützt die „guten“ Diktaturen und zieht gegen die „bösen“ Diktaturen ins Feld. Obwohl die beste Demokratie der Welt doch jede Form von Gewalt ablehnen sollte. Der „Arabische Frühling“ zeigt, dass per Internet Regierungen gestürzt werden können. Virtuelle Macht kann in materielle Gewalt umschlagen. Das Internet hat zwar noch keine neue Gesellschaft erschaffen, schafft aber Solidarität.
Die arabische Freiheitsbewegung, die Krisenproteste in Griechenland, die Occupy-Bewegung an der Wall Street und anderswo und die jüngsten Proteste in Moskau. Die Ereignisse haben 2011 die Welt verändert, weil sich die Welt verändert hat. Das herrschende System stößt an seine Grenzen, die Menschen stoßen sich am herrschenden System.
So sehen es die Demonstranten. Die schweigende Mehrheit schaut noch zu und bewahrt damit das Systemrelevante vor Veränderungen. Der große Sturm steht noch aus.


Sanktionen, oder schon wieder Krieg? 11/11
Die konfrontative Politik gegenüber Iran erwächst insbesondere aus der Befürchtung, Israel könnte sein nukleares Waffenmonopol verlieren. Das amerikanische Engagement im Nahen und Mittleren Osten folgt dieser Befürchtung. Und natürlich riecht es auch dort penetrant nach Öl. Israel ist wegen seiner Doppelmoral gegenüber dem iranischen Atomprogramm unglaubwürdig. Die einfachste Lösung wäre eine atomwaffenfreie Region. Aber das kommt für Hardliner natürlich nicht in Betracht. Stattdessen organisieren sie Sanktionen und schließen auch Krieg nicht aus, wie zuletzt in Libyen.
Sanktionen gegen Iran, wie auch aktuell gegen das Nachbarland Syrien, treffen, wie in den 1990er Jahren im Krieg gegen Irak, in erster Linie die Bevölkerung. Es ist auch nicht erwiesen, dass Sanktionen politische Veränderungen voranbringen. Eher tritt das Gegenteil ein. Eine Boykottpolitik hilft zuerst den Hardlinern, die Annäherung sowie Verständigung auf politischer Ebene verbauen. Daher setzt auch der Politologe und Autor Ali Fathollah- Nejad in seinem Buch „Der Iran-Konflikt….“ auf Interessenausgleich, ohne den Frieden und Ruhe in der Region nicht zu haben ist. Der iranische Unwille gegenüber Einmischungen von außen hält noch seit dem englisch- russischen Konflikt um imperialen Einfluss in Zentralasien an. Der erste, relativ demokratische Präsident Irans, Mohammad Mossadegh, der die Ölindustrie des Landes nationalisieren wollte, wurde mit Hilfe der CIA weggeputscht. Der britische Ex-Diplomat Michale Axworthy, erinnert in seinem Buch „Iran – Weltreich des Geistes. …“ an die sozialen und nationalen Wurzeln der Islamischen Republik, an Khomeinis Predigten gegen die Armut, gegen die Korruption des Schah-Regimes und gegen die Unterwerfung des Schahs unter die USA. In westlichen Medien kam Khomeini lediglich als religiöser Schreckensmann vor. Die von einfältigen US-Regierungen dominierte öffentliche Meinung spiegelte hysterisch nur iranischen Terror wieder. Die Bevölkerung Irans sammelte sich hinter ihre politische und religiöse Führung, nachdem der irakisch-iranischen Krieg 1980 von Irak mit Bewaffnung und Unterstützung durch den Westen begann. Die iranische Führung hatte nach den Anschlägen des 11. September 2001 den Terror, sowie die Taliban, verurteilt. Das sind die historischen und politischen Fakten. Gut für den Interessenausgleich wären aber auch innenpolitische Veränderungen in Irak. Allerdings können nachhaltige Veränderungen nicht von außen aufgezwungen werden.
Iran hat sicher dazu beigetragen, um einen generellen Verdacht, es hätte ein Atomwaffenprogramm, zu rechtfertigen. Dieser Staat hat bis 2003 möglicherweise ein militärisches Atomprogramm unterhalten und sich bis heute nicht dazu geäußert. Er legt den UN-Inspektoren nicht alle notwendigen Informationen vor und verweigert bis heute die Anwendung des Zusatzprotokolls des Atomwaffensperrvertrages, nach dem weit strengere Kontrollen durch die UN-Inspektoren möglich sind. Andererseits ist aber nicht bewiesen, dass Iran ein Atomwaffenprogramm hat. Trotzdem wird mit Krieg gedroht. Bewiesen ist dagegen, dass z.B. der Krieg gegen Irak mit Argumenten begründet wurde, die frei erfunden waren. Die IAEO sollte eine neutrale Organisation sein, die mit Hilfe ihrer Inspektoren Fakten zur Verfügung stellt, auf deren Basis dann die Mitgliedsstaaten politische Entscheidungen fällen können. Statt Fakten zu liefern, agiert sie nur mit reinen Verdächtigungen und liefert der USA lediglich Argumente zur Eskalation.


zwischen Teheran und Kaspischem Meer

In Iran werden Parlament und Präsident direkt vom Volk gewählt. Die Machtstruktur basiert seit der islamischen Revolution 1979, die den Schah stürzte, auf dem Wali-Faghih-System, der Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten, das dem Parlament und Präsident noch übergeordnet ist. D.h. in Iran herrscht der schiitische Islam als Staatsreligion. Der Wali Faghih ist faktisch das Staatsoberhaupt und hat in politischen Belangen das letzte Wort. Nach der Revolution war das Ajatollah Ruhollah Chomeini. Nach dessen Tod wählte der Expertenrat Ajatollah Ali Chamenei zu seinem Nachfolger und Religionsführer. Der Expertenrat besteht aus 86 hochrangigen Klerikern und ist das einzige Gremium, das den Führer überwachen darf. Dann gibt es parallel noch den Wächterrat, bestehend aus sechs Klerikern und sechs Rechtsexperten, der prüft, ob die Parlamentsbeschlüsse islamische Kriterien erfüllen. Themen wie das Atomprogramm gelten als „Staatsangelegenheiten“, die vom Führer entschieden werden. Auch im Sicherheitsrat, der vom Präsidenten geleitet wird, hat der religiöse Führer das letzte Wort. Als Präsident wurde 2005 der erzkonservative Ahmadinedschad gewählt, der 2009 wiedergewählt wurde.



Nine Eleven (9/11) und der vierte Weltkrieg 11.9.2011
Wenn ein Weltkrieg ein Krieg ist, der im Ergebnis eine grundsätzliche Neuordnung der weltweiten internationale Beziehungen mit sich bringt, wurde der Vierte Weltkrieg mit Nine Eleven begründet. Das Versagen aller Verantwortlichen der USA, die Terrorangriffe auf das WTC zu verhindern, ist entweder eine unsägliche Verquickung von Dummheit und Inkompetenz, oder Herrschaftswissen führt den Rest der Welt mit seiner Verschwörungstheorie (bin Laden/Taliban) an der Nase herum. Solange den Medien verpflichtete Journalisten solche und andere offenen Fragen nicht aufnehmen und das Schweigekartell funktioniert, sind Enthüllungsplattformen wie WikiLeaks nicht nur gerechtfertigt, sondern auch notwendig, um Herrschaftswissen zugänglich zu machen. Die Offenlegung geheimer Dokumente der Nixon-Administration von Daniel Ellsberg, die zum Watergate-Prozess führten, war leider nur eine der Ausnahmen. Eine aktuelle Ausnahme ist der Journalist Mathias Bröckers, der jetzt das Buch 11.9. Zehn Jahre danach, „Einsturz eines Lügengebäudes“, hier ein Interview mit ihm : http://www.youtube.com/watch?v=VzkBHFwFfV8&feature=player_embedded , oder
http://www.youtube.com/watch?v=uAg95g4BDFs&feature=relmfu
Es ist keinesfalls unwahrscheinlich, dass nicht nur ein Walker Lindh von den Plänen bin Ladens wusste, sondern auch der größte Geheimdienst CIA mit einem Jahresbudget von 30 Milliarden Dollar, der bin Ladens Laden infiltriert hat. Schon 1996 hatte das FBI begonnen, Araber in amerikanischen Flugschulen zu beobachten. Der CIA-Direktor hat bin Ladens Terrornetz al Qaida im Februar 2001 als die „ernsteste Bedrohung“ für die Sicherheit der USA bezeichnet. Von der Vorbereitung der Anschläge will er nichts gewusst haben? Schwer zu glauben. Die fürchterlichen Terroranschläge am 9.11.2001 auf das WTC in Amerika, Wahrzeichen der größten Weltmacht, kostete vielen unschuldigen Menschen das Leben. Die offizielle Version, die auch noch 10 Jahre danach gilt, war sehr schnell gefunden: Es war das Werk von Muslimen. War es das wirklich? Fragen müssen in einer Demokratie erlaubt sein, wenn die offizielle Version mehr Fragen als Antworten hinterlässt. Stattdessen werden kritisch Denkende, die die Anschläge in einen historischen Kontext stellen, als Paranoiker und Antiamerikaner in die Ecke gestellt, unabhängig vom politischen Standort. Ihnen wird vorgeworfen, mit Verschwörungstheorien aus Opfern Schuldige zu machen. Dabei fordern sie lediglich die Verbrechen aufzuklären. Ein Rechtsstaat sollte an lückenloser Aufklärung Interesse haben. Bis heute jedoch wurde nicht ein einziger gerichtsfester Beweis gegen die Beschuldigten und für den Tathergang erbracht. Die Großmacht USA hat die Vorbereitung der Anschläge angeblich nicht ansatzweise erkannt und konnte sie daher nicht vereiteln, so die offizielle Version. Aber nach nur 24 Std. nach dem Anschlag hat das FBI eine Liste mit 19 muslimischen Tätern veröffentlicht! 7 davon waren nach dem Anschlag noch am Leben, wurden aber nie vor ein ordentliches Gericht gestellt. Auch die Schuld des mutmaßlichen Drahtziehers der Anschläge, Osama bin Laden, und seine Verbindung zu den afghanischen Taliban wurde nie bewiesen, schon gar nicht vor Gericht.
Es verbleibt ein Berg von offenen Fragen, die Bücher füllen. Z.B.: Schölzel „Das Schweigekartell“, das schon 2003 eine Liste von offenen Fragen enthält. Hier nur einige zur Erinnerung: Wie konnten Flugschüler mit ein paar Stunden auf einer Cesna derartig komplizierte Flugmanöver ausführen? Warum blieb die gesamte Flugabwehr des mächtigsten Landes mit dem höchsten Verteidigungshaushalt der Welt ausgerechnet in diesem Moment am Boden? Warum wurde erstmals vor den Anschlägen der Noteinsatz der Abfangjäger entautomatisiert und warum war der Verteidigungsminister ausgerechnet an diesem Tag nicht an seinem Platz? Warum hat keiner aus der Flugzeug- Crew den vereinbarten Sicherheitscode gesendet? Konnten sie die Flugzeuge nicht mehr steuern, weil sie per remote controll ferngesteuert wurden? Warum wurden noch einige Festplatten aus dem WTC gelesen, während die Flugzeugschreiber aber nie ausgewertet wurden, obwohl das Cockpit der einen Boing nicht beschädigt wurde? Wie konnte ein anonymer Anrufer, der die Air Force One bedrohte, Codewörter verwenden, die nur einem sehr geringen Kreis zum Schutz des Präsidenten bekannt waren? Wer waren die Insider, die zeitlich begrenzte Börsengeschäfte mit Twin-Tower-Aktien gemacht und Gewinne bis zum 25-fachen erzielt haben? Warum wurde das ominöse Video mit den angeblichen Schuldbekenntnissen bin Ladens nie unabhängigen Experten vorgelegt? Wer steckt hinter den Milzbrandanschlägen? Warum wurden Verantwortliche des Versagens zur Aufklärung und Verhinderung der Anschläge nicht ausgewechselt, sondern befördert? Warum stürzte das Gebäude 7 komplett ein, obwohl es nur geringfügig getroffen wurde? Warum wurden keinerlei Trümmer des angeblichen Flugzeugabsturzes in das Pentagon gefunden. Usw., usw. Yukihisha Fujita vom japanische Verteidigungsausschuss hat 2008 eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge gefordert. Er war durchaus nicht der Einzige Politikerker der Welt, der erhebliche Zweifel an der offiziellen „Wahrheit“ hatte. Von den 19 nach den Anschlägen über Nacht herausgefilterten Verdächtigen, waren 15 Saudis, welche entsetzt und bei bester Gesundheit gegen die Verdächtigungen protestierten. Wurden die amerikanischen Fahnder von Anfang an in die falsche Fährte geführt?
Wer denkt sich so eine perfide Idee aus, Passagierflugzeuge als fliegende Bomben zu nutzen? Sicher gibt es islamische Extremisten, Terroristen, die dazu fähig sind, aber waren sie auch in der Lage derartig hochkomplizierte logistische Aktionen durchzuführen, oder hat da jemand im Hintergrund nachgeholfen? Ein FBI-Agent, welcher mit der Aufklärung der Anschläge intensiv beschäftigt war, wurde in der The New American zitiert: „Schrecklich die Vorstellung, dass man das Ganze passieren ließ, weil es Bestandteil eines ganz anderen Planes war“. Kaum vorzustellen, dass es die passieren ließen, die die Anschläge als Anlass für ihre weltverändernden Strategie instrumentalisierten. Das wäre nun wieder so ungeheuerlich, dass es sich kaum jemand vorstellen kann. Kalkül? Das Argument der Gegner von Verschwörungstheorien, dass zu viel Mitwisser hätten involviert gewesen sein müssen, ist auch wenig glaubwürdig. Nur wenige Schlüsselstellungen hätte es bedurft um alles Weitere nach einem Drehbuch ablaufen zu lassen.
Amerikanische Präsidenten haben Erfahrung mit Anlässen als Grundlage für strategische Weichenstellungen. Z.B. benötigten sie einen triftigen Grund, um die Amerikaner in den 2. Weltkrieg ziehen zu lassen. In dem Überfall der Japaner auf Pearl Harbor fand sich ein willkommener Anlass. Der amerikanischen Führung waren die Pläne der Japaner nicht unbekannt, wie sich erst nach Öffnung der Archive nach 50 Jahren klarer herausstellte.
Wem nützt ein Kreuzzug gegen den Terror und dem Islam? Wer hatte Interesse an einem neuen Feindbild „islamischer Fundamentalisten“? Nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers, nach dem Ende des kalten (3.Welt-) Krieges, ist dem Westen der Feind verloren gegangen. Offensichtlich funktioniert die doch so fortschrittliche Welt nicht ohne einen Feind, man brauchte einen neuen. Der heißt jetzt offiziell Terror und Islam. In der außenpolitischen Strategie der USA hat sich seit 1955 nur die Richtung geändert: An Stelle Kommunismus steht heute Terrorismus. Cui bono? Das fragt auch der Friedensforscher Wolfgang Richter in seinem Buch: „Wer steckte hinter dem Anschlag?“.
Wenn auch der Hergang und die Attentäter der Terroranschläge im Nebel bleiben, und selbst wenn an den Verschwörungstheorien nichts dran sein sollte, dann ist die Instrumentalisierung dieses Anschlages für amerikanische Interessen so nicht gerechtfertigt. Die Welt ist zu einer anderen gemacht worden. Der Krieg gegen den Terror hat bereits millionenfach mehr Opfer verlangt, als der Terroranschlag selbst. Zuerst der Krieg gegen Afghanistan, der schon länger auf dem Plan der USA stand. Wenn es um Vergeltung für den Anschlag gegangen wäre, hätte die USA gegen das al Qaida- Verschwörer-Nest Saudi-Arabien zu Felde rücken müssen. Aber darum ging es wohl nicht. Also stellte die USA das Ultimatum an das Land Afghanistan: Auslieferung Osama bin Ladens oder Krieg. Afghanistan hatte nichts gegen die Auslieferung, wollte aber Beweise für dessen Schuld. Die USA aber wollten nicht bin Laden, sie wussten auch nicht, ob er sich in Afghanistan aufhält und stellten auch keinen Auslieferungsantrag. Sie wollten nur diesen Krieg, der schon 10/2001 begann und bis heute mit deutscher Beteiligung anhält. Nach offizieller Begründung sollten „Staaten ausgeschaltet werden, die den Terrorismus unterstützen“. Die zu verurteilende Knechtung afghanischer Frauen wurde als Propaganda gegen die „Bösen“ nur instrumentalisiert. Nach dem Pyrrhus-Sieg im Irak-Krieg 1990/91 wollte die herrschende Elite in den USA, getrieben von Öl-Konzernen, den nächsten Krieg in Zentralasien zur Durchsetzung eigener Interessen. Der zweite Golfkrieg und der zweit Krieg nach dem Terroranschlag wurde 3/2003 gegen den Irak begonnen. Das Ziel in Irak bestand in strategischen Überlegungen einer Neuordnung des Nahen Ostens. Diesmal instrumentalisierte Bush die UNO, um den Regimewechsel in Irak zu erreichen. Seitdem spielt die UNO nur eine untergeordnete Rolle. Auf jeden der seitdem begonnenen Kriegsschauplätze riecht es penetrant nach Öl. Aber natürlich nicht damit, sondern mit Terror, der nie bewiesen wurde, und mit Massenvernichtungswaffen, die nie gefunden wurden, wurden die Kriege begründet.
Mit den Bush Doktrin 2002 gaben sich die USA das Recht zu Präventivschlägen, wenn notwendig mit atomaren Waffen. Demokratie, Bürgerrechte und Rechtsstaatlichkeit wurden seit dem in westlichen Ländern massiv und sukzessive abgebaut, während umgekehrte Prozesse in Nahost und Nordafrika begannen. Selbst wenn die offizielle Version des Anschlages auf die Zwillingstürme stimmen sollte, war ein Angriffskrieg der Vereinigten Staaten gegen den Staat Afghanistan völkerrechtlich nicht gerechtfertigt. Das Recht, welches sich die USA im Rahmen des Antiterrorkampfes genommen haben, nehmen sich außer Israel inzwischen auch arbeitsteilig andere Länder der westlichen Welt und führen Krieg z.B. gegen Libyen, um die Machtverhältnisse in ihrem Sinne zu ändern. Und um nichts anderes geht es in den Feldzügen gegen den Terror. Ginge es nach Völkerrecht hätte kein Staat das Recht sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen. Das schließt auch das Recht auf die Ermordung von Staats- oder Regierungschefs oder den Sturz durch andere Staaten aus. Gilt die Genfer Konvention von 1949, bzw. das nach dem 2. Weltkrieg geschaffene Völkerrecht noch, oder haben es die Länder des Westens für sich umgeschrieben? Soll das Völkerrecht auf das Niveau des Absolutismus gedrückt werden, als Fürsten für sich ein Recht auf Kriegsführung beanspruchten? Auch mit dem beanspruchten Recht auf präventive Selbstverteidigung gegen Staaten, die Massenvernichtungswaffen haben wollen, die die USA, Frankreich, Israel usw. schon lange besitzen, wird das Völkerrecht weiter ausgehebelt. Wird demnächst Krieg gegen weitere Staaten der „Achse des Bösen“, wie Syrien oder Iran geführt, nachdem der gegen Afghanistan und Irak noch nicht beendet ist? An dem (4. Welt-) Krieg, der seinen Ausgangspunkt in der abscheulichen Tat vom 11.9.2001 hat, sind inzwischen viele Staaten auf vielen Kontinenten beteiligt. Der kann aber auch das Ende der US-amerikanischen Dominanz im Weltsystem eingeleitet haben. Es wäre das klassische Ende eines Imperiums, welches die eigenen Kräfte überschätzt, bis hin zur Zahlungsunfähigkeit. Am Vietnamkrieg hat sich die Weltmacht schon einmal überhoben. USA-Präsident Richard Nixon musste nach dem verlorenen Krieg die Golddeckung der Leitwährung des globalen Währungssystems US-Dollar aufheben. Seit den Terroranschlägen im Jahr 2001 hat sich das Budget des Pentagon auf über 700 Milliarden Dollar verdoppelt und entspricht 24 Prozent der US-amerikanischen Staatsausgaben. Die aktuelle Schuldenlast der USA von über 14 Billionen Dollar entspricht mehr als 90 Prozent der Wirtschaftsleistung! Obama will die Ausgaben reduzieren, nicht weil er Friedensnobelpreisträger ist, sondern weil die Zahlungsunfähigkeit der Weltmacht droht. Aus Irak will er die Truppen abziehen, natürlich nicht ohne dort Stützpunkte zu hinterlassen. Die neue Kriegsstrategie des Friedensnobelpreisträgers Obama heißt Skalpell (zielgenau, chirurgisch) statt Hammer. Unerklärte Drohnenkriege finden statt gegen Afghanistan, Irak, Libyen, Pakistan, Somalia und Jemen. Tausende Opfer an unschuldigen Zivilisten gab es bereits, Milliarden von Dollar wurden schon und 37 Milliarden sollen noch bis 2020 im Krieg verpulvert werden.
Osama bin Laden wurde angeblich nach fast 10 Jahren hingerichtet, wieder ohne Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipen, wieder ohne jeden Beweis. Warum wurde er erst jetzt entsorgt? Konnte er sich mit mehreren Ehefrauen zusammen lebend entgegen allen Regeln der Konspiration tatsächlich 10 Jahre versteckt halten? Wollte sich Obama eines Problems entledigen, das ihm Bush jun. hinterlassen hat? Der Abzug aus Afghanistan und Irak stand bereits auf dem Programm, soll aber nicht so schnell zu realisieren sein. Oder soll nur die Strategie gewechselt werden (Drohnen statt Krieger?). Weil auch ein Obama nationale Interessen zu schützen hat, konnte er bin Laden nicht vor ein ordentliches Gericht stellen. Die Aussagen eines zum Staatsfeind Nr.1 Erklärten hätten vielleicht unangenehm für die USA werden können. Gaddafi dagegen sollte vor Gericht gestellt werden. Rache- und Machtsüchtige seiner Landsleute haben es schmählich verhindert. Kein gutes Zeichen auch in diesem Land, in dem der Westen seine Demokratie herbei bomben wollte.
Der imperialistische Krieg zerstört die Zivilgesellschaft, auf die sich die „westliche Wertegemeinschaft“ immer beruft und mit der sie ihre Überlegenheits- und Herrschaftsansprüche begründet.



Krieg gegen Libyen! Teil 2, 8/11
Das Libyen unter Gaddafi war keine Demokratie. Seit 40 Jahren wurde den Menschen jede Form der Einflussnahme und Mitbestimmung vorenthalten. Libyen hat eine Bevölkerung von etwa 6,5 Millionen Menschen, die in 140 Stämmen und Minderheitengruppen leben. Libyen, bis 1969 italienische Kolonie, löste 1970 Militärstützpunkte der USA und Großbritanniens auf, nationalisierte die Banken, verstaatlichte die Erdölindustrie, enteignete den Boden italienischer Kolonial-Herren und realisierte ein Sozialprogramm mit Wohnungsbau, kostenloser medizinischer Versorgung und entwickelte das Bildungssystem. Libyen gehörte seit den 60er Jahren zu den zwölf wichtigsten Ölexporteuren und erwirtschaftete hohe Überschüsse. Wichtigste Abnehmerländer waren Italien, Frankreich, China und Deutschland. Die Libyer genossen einen gewissen Wohlstand, jeder konnte sich z.B. ein Auto leisten und reisen. Libyen finanzierte mit etwa 400 Millionen Dollar vor knapp einem Jahr den ersten panafrikanischen Nachrichtensatelliten, welcher Afrika unabhängiger von Westeuropa auf dem Gebiet der Telekommunikation macht. Gaddafi überzeugte die Mehrheit der afrikanischen Staatsoberhäupter von einigen seiner gar nicht wirren politischen Ideen und forderte sie auf, ihre berechtigten Forderungen an den Westen bzw. den Norden radikaler zu stellen, wenn es z.B. um Beseitigung des Hungers in Afrika ging. Die Gründung der Afrikanischen Union (AU), als eigenständige, nicht nach westlichen Strukturen ausgerichtete Institution, hätte es ohne Gaddafi nicht gegeben. Libyen war aus dieser Sicht fortschrittlich und antiimperialistisch. Das wird der Westen Gaddafi wie auch Assad nie nachsehen und die Nato wird jede Gelegenheit nutzen, gegen diese Länder Krieg zu führen. Gestern noch wurde der „Diktator“ vom Westen hofiert, heute wird er verschmäht. Im Unterschied zu Mubarak z.B. hat er aber das Volksvermögen nicht nur in die eigene Tasche gewirtschaftet, sondern zum großen Teil in staatliche Kassen. In dem Krieg der Nato ging es weniger um die Verteidigung von Menschenrechten, als vielmehr um Machtinteressen des Westens in der Region Nahost und Nordafrika. Es geht um die Rückgewinnung der Kontrolle, um die Sicherung wirtschaftlicher Interessen, um Öl und darum, wer es sich wie sichert, wie schon in Irak. Die Nato führt Krieg aus sicherem Abstand und organisiert den Nachschub mit Waffen und hat die Rebellen nur als Fußtruppen für einen Regimewechsel in Libyen benutzt und erkennt ihnen undifferenziert den Status „freiheitsliebend“ zu. Vieles erinnert an den NATO-Einsatz gegen Jugoslawien 1999, der zu offensichtlich nur eigene Interessen verfolgte, und fürchterlich wenig mit den propagandistisch vorgeschobenen Gründen zu tun hat. Der Tod von Zivilisten und die Zerstörung der Infrastruktur wurden durch die NATO-Krieger billigend in Kauf genommen. Der Begriff Kollateralschaden, den man wohl inzwischen meidet, wäre auch zu harmlos für diese Verbrechen im Namen des Westens.
Unklar ist noch immer, wofür die Rebellen in Libyen eigentlich stehen. Wird hier der nächste Bin Laden gefördert? Die Aufständischen werden von einem Nationalen Übergangsrat geführt, der von vielen Staaten als „legitime Vertretung des libyschen Volkes“ anerkannt und auch schon mit reichlich Geld und Waffen ausgerüstet wurde. Noch ist unklar, ob auch das libysche Volk dieses Gremium zur nächsten Regierung wählen wird. Diejenigen, die im Februar 2011 die ersten Proteste gegen Gaddafi in Bengasi organisiert hatten, spielen schon keine große Rolle mehr. Die Mitglieder des Ende Februar gegründeten Nationalen Übergangsrates sind ehemalige Weggefährten, Gaddafis sowie Oppositionelle, die aus dem Exil nach Libyen zurückgekehrt sind. Der Übergangsrat ist nicht mehr als ein Zweckbündnis verschiedener Stämme und Interessengruppen und muss erst noch seine Fähigkeit unter Beweis stellen, den friedlichen Übergang zu einer Demokratie zu gewährleisten. Die Aussetzung eines Kopfgeldes für Gaddafi ist schon mal höchst undemokratisch. Der Rat hat keine natürliche Legitimation im Land selbst und bezieht seine Macht weitestgehend aus der politischen und militärischen Unterstützung durch Frankreich und andere Staaten. Im westlichen Ausland ist die Furcht groß, dass der Übergangsrat zerfallen und radikal-islamistische Kräfte einen übergroßen Einfluss gewinnen könnten. Dann könnte statt eines parlamentarischen Systems und einer unabhängigen Justiz ein »Gottesstaat« mit islamischem Rechtssystem, der Scharia, entstehen. Die Gefahr eines Bürgerkrieges (Stamm gegen Stamm) ist groß. Wenn, dann hat der Westen wie schon in Irak und in Afghanistan, wo der Bürgerkrieg nach dem Bombenkrieg des Westens wütet, eine große Verantwortung. Aber wie schon in Afghanistan, als man Geld für Waffen gegen die sowjetischen Truppen organisiert hat, wird wohl relativ wenig für den Wiederaufbau verbleiben. Zurück bleibt wieder ein vom Westen in die Steinzeit gebombtes Land, das im nachfolgenden Bürgerkrieg keine Ruhe findet. Zu viele gibt es schon davon.
Wichtig wäre jetzt in Libyen, dass sich alle Beteiligten an den runden Tisch setzen und über ihre Zukunft verhandeln. Aber das wird wohl der Westen nicht mehr zustande bringen. Noch wird der Nationale Übergangsrat von ostlibyschen Stämmen dominiert, also nur von einem Drittel aller libyschen Stämme. Der größte Stamm Warfalla mit etwa 1 Million Mitgliedern, auf den die Herrschaft Gaddafis basierte, ist z.B. nicht im Nationalen Übergangsrat vertreten. Eine Initiative „Besorgte Afrikaner“ will die NATO wegen Menschenrechtsverletzungen vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag anklagen. Die NATO hat internationales Recht verletzt und lediglich den Machtwechsel in Libyen durch Bombenkrieg verfolgt. Die Initiative sieht die Gefahr einer neuen Kolonialisierung. Die AU erkennt den Übergangsrat nicht als legitime Regierung an und rief stattdessen zur Bildung einer neuen Übergangsregierung auf, an der auch Gaddafi-treue Kräfte beteiligt sein sollen.

In Alexandria versperrte uns Mitte April der Krieg in Libyen die Weiterfahrt auf unserer Reise um das Mittelmeer.



Siehe auch: Krieg gegen Libyen Teil 1, im Blog links oben unter Navigation, Themen: „Seine Weltsicht“.


Was hat Stalingrad mit der Berliner Mauer zu tun? 13.8.2011
In der „Schlacht um Stalingrad“ (heute Wolgograd, Millionen Tote, 200 Tage 1942/43) wurde der 2. Weltkrieg entschieden. Erst danach wurde die Front der Westalliierten eröffnet, wohl bereits auch mit der strategischen Ausrichtung, den Einfluss der Sowjetunion nach dem Krieg nicht zu groß werden zu lassen. Die Strategen in Washington, London und Paris konnten die weiteren Geschehnisse einschätzen. Das Mahnmal auf dem Mamajews Hügel in Wolgograd erinnert mich auf unserer Asienreise (s. Bilder aus Wolgograd im Blog zum Thema: Reise Russland) auch daran, dass der 2 Weltkrieg vom faschistischen Deutschland begonnen und als Eroberungs- und Vernichtungskrieg geführt wurde.


Den Sieg im 2. Weltkrieg über den Faschismus musste die Sowjetunion teuer bezahlen: 27 Millionen Opfer! „Jeder Mensch, der Freiheit liebt, schuldet der Roten Armee mehr als er je bezahlen kann." Hemingway

Ursache und Wirkung, sowie Ausgang des Krieges wurden in beiden deutschen Staaten unterschiedlich bewertet. Erst lange Zeit nach dem Krieg wurde in der BRD der Tag, an dem Deutschland den Krieg verlor, als Tag der „Befreiung“ gewertet (Weizsäcker 1985). Der „Nationalsozialismus“ war kein Verhängnis für Deutschland, sondern der deutsche Faschismus vielmehr eine Katastrophe, vor allem für die Nachbarn. Schon der Begriff Nationalsozialismus war eine Lüge, denn er stand weder für nationale Interessen Deutschlands und schon gar nicht für Sozialismus. Er war eine besonders verbrecherische, menschenverachtende Form des Faschismus. In der DDR war der Tag der Befreiung einige Zeit Feiertag, aber es wurde immer gemahnt (vielleicht zum Überdruss, aber auch entschieden): „Nie wieder Faschismus“.
Was hat nun Stalingrad mit der Berliner Mauer zu tun? Sehr viel, sofern man geschichtliche Zusammenhänge nicht auseinander reißt und einseitig darstellt. Die deutsche Teilung war eine direkte Folge des 2. Weltkrieges, auf die die Deutschen infolge selbstverschuldeten Elends den wenigsten Einfluss hatten. Nach ersten Versuchen insbesondere der ostdeutschen Politik die deutsche Teilung zu überwinden, wurde sie zunehmend durch den Westen zementiert. Die Währungsunion im Westen, die Gründung der Bundesrepublik, die Schaffung der Bundeswehr usw. erfolgten jeweils vor den entsprechenden Schritten im Osten. Die Politiker im Osten waren in erster Linie Antifaschisten, die im Westen rekrutierten sich auch aus dem untergegangenen faschistischen Staat. Nachdem die Westalliierten ihren Verfolgungsdruck minderten, um Westdeutschland als Partner im Kalten Krieg zu rekrutieren, wurden massenhaft Nazis reaktiviert. Eigens dazu wurde das Grundgesetz geändert. Einzige Voraussetzung für die Einstellung in Staatsdienste war demnach, dass der Bewerber niemals gegen den Korpsgeist der Beamten verstoßen hat. Die Mitwirkung an den Verbrechen war nachrangig. 40 % der Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums hatten für NS-Vorgängerbehörden gearbeitet, drei Viertel des Vertriebenenministeriums waren braun. Im Außenministerium waren 30 % der leitenden Justizposten mit Nazis besetzt, bis zu 90 % der Landgerichtspräsidenten hatten ihren Aufstieg im Hitler-Regime genommen. Ähnliches gilt, wie Historiker bereits erforschten, z.B. für die Wehrmachtsjustiz und für den Bundesgerichtshof (s. dazu weiter im Blog zu den Themen „Vergangenheitsbewältigung“).
Die DDR stand infolge der Währungsunion im Westen unter erheblichen wirtschaftlichen Druck. Durch die Reparationen an die Sowjetunion ausschließlich aus dem Osten einerseits und den Marshall- Plan in Richtung Westen andererseits hatte die Wirtschaft im Westen vergleichsweise 50 Meter Vorsprung in einem 100 Meter Lauf. Vor diesem Hintergrund war die wirtschaftliche Leistung im Osten höher als im Westen, weil der Abstand im Nachhinein nicht größer wurde. Durch die Einführung einer separaten Währung in den Westzonen und in Westberlin wurde Deutschland wirtschaftlich in zwei Teile zerrissen. Die Wirkung kam einer „ökonomischen Atombombe“ gleich, wie 1990 die Währungsunion. 20 bis 30Tausend DDR-Bürger verließen 1960/61 monatlich, vor allem über Westberlin, den ostdeutschen Staat. Die Mehrheit waren Wirtschaftsflüchtlinge, die nach höherem materiellem Wohlstand strebte, wie 1989 wieder. Fakt ist aber auch, dass die BRD eine gezielte Abwerbung von Ärzten und Ingenieuren betrieb. Aus dieser Sicht mussten auf Seiten der DDR Gegenmaßnahmen getroffen werden. Auch der Begriff „antifaschistischer Schutzwall“ hatte seine Berechtigung, aber eben nicht nur. Anfangs ging es in erster Linie um die Sicherung der Grenze in Richtung Westen, um den Osten nicht weiter ausbluten zu lassen. Bis dahin war die Grenze, die von den Alliierten mitten durch Deutschland im Ergebnis des 2. Weltkrieges gezogen wurde, eine offene Grenze. Aber eine Grenze, die nicht gesichert wird, ist keine Grenze. Insofern war die Grenzziehung für alle Beteiligten eine schmerzliche Angelegenheit. Die Alliierten hatten ihr Territorium nach dem 2. Weltkrieg abgesteckt und eine Verletzung dieses Territoriums, durch wen auch immer, hätte den 3. Weltkrieg ausgelöst. Beide Machtblöcke wollten die Widervereinigung Deutschlands, aber nur unter einer Bedingung: Dass sich der jeweils andere von seiner Ideologie trennt: Der Osten vom Sozialismus, der Westen vom Kapitalismus. Kein Machtblock war dazu bereit, also haben beide Seiten in Anerkennung der Kräfteverhältnisse die Grenze gesichert, bzw. sichern lassen. Aus militärischer Sicht hatte die Mauer natürlich nur symbolische Bedeutung: Bis hierher und nicht weiter.
In erster Linie entstand die Mauer infolge des 2. Weltkrieges und der deutschen Teilung. Die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland war somit weniger eine innerdeutsche Grenze, als vielmehr die Grenze zwischen den Machtblöcken des kalten Krieges. Die neuesten Nachrichten nach Öffnung der Archive in Moskau, dass die Entscheidung die Mauer zu errichten nicht von Ulbricht, sondern von Chrustschov gefällt wurde, kann den wirklich informierten Bürger nicht überraschen. Chrustschov wollte die Grenze zwischen den Machtblöcken sichern. Ulbricht hatte Interesse daran, Ostdeutschland nicht weiter ausbluten zu lassen. Erst später gehörte es zu den fatalen Fehlentwicklungen, dass die Mauer in Richtung Osten ausgebaut wurde. Auch das wurde von der sowjetischen Militärführung gefordert. Menschen aus dem Osten, die ihr Land verlassen wollten, konnten dies nur als „Grenzverletzer“. Dass auf sie geschossen wurde, ist durch nichts zu rechtfertigen. Statt das Grenzregime weiter zu verschärfen und auf „Republikflüchtige“ zu schießen, hätte es Alternativen gegeben. Jeder Schuss und jeder Tote war einer zu viel. Wenn aber heute fast ausschließlich nur noch über Stasi und Mauer „informiert“ wird und die geschichtlichen Hitergründe dabei komplett und bewusst ausgeblendet werden, ist das schlicht Geschichtsfälschung. Sich dem jeweils herrschenden Zeitgeist anpassen und historische Ereignisse einfach ausblenden, das kann nur der Unwissende.
Drei aktuelle Buchveröffentlichungen sind in diesem Zusammenhang erwähnenswert. 1.: Guntram König/Bernd Biedermann: „Frontstadt Berlin – Vom Potsdamer Abkommen bis zum Mauerbau“. 2.: Keßler/Streletz, Minister/Stellvertreter der Nationalen Verteidigung der DDR, sowie 3.: Frederick Kempe, US-amerikanischer Autor. Aus den im Buch von Keßler/Streletz veröffentlichten Dokumenten wird ersichtlich, wie sehr die DDR bei offenen Grenzen in Berlin in ihrer Existenz bedroht war. Aus den beiden letzteren Büchern geht hervor: Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben! Kempe schreibt: Kennedy hat die entsprechenden Signale an Chruschtschow ausgesandt, die Grenzen um Berlin zu sichern. Weder Kennedy noch Chruschtschow wollten Atomkrieg und haben den jeweiligen Hardlinern im eigenen Lager standgehalten. Chruschtschow war im Grunde ein Reformer und Kennedy kein kalter Krieger, wie auch Obama heute. Kennedy und Obama sind Kopfmenschen, im Gegensatz z.B. zu Bush jun.. Das ist gut für die Vermeidung von Konflikten, nur ist auch der Spielraum amerikanischer Präsidenten sehr begrenzt. Kennedy galt unter den Hardlinern als schwach. Musste er deshalb beseitigt werden? Für Kennedy war Berlin der gefährlichste Ort der Welt, in dem man sich zurückhalten musste, um einen 3.Weltkrieg zu verhindern. Wie akut die Gefahr war, zeigte sich auch ein Jahr später während der Kubakrise. 1961 standen sich in Deutschland die stärksten und modernsten strategischen Gruppierungen von NATO und Warschauer Vertrag gegenüber. Chruschtschow wollte mit beiden deutschen Staaten einen Friedensvertrag abschließen. Danach sollten alle alliierten Truppen abziehen. Die USA bestanden jedoch auf die Aufrechterhaltung des Viermächtestatus von Berlin, sie wollten als Besatzungsmacht vor Ort bleiben. Der Westen hatte an der verschärften Situation an der Grenze zwischen den Machtblöcken einen entscheidenden Anteil. Es ist scheinheilig, wenn er heute nicht zu seiner Verantwortung steht.


Und jetzt wird wieder in die Hände gespuckt? 5.8.11; 11/11
Ist die Finanzkrise aus 2007/08 zu Ende, oder geht sie erst richtig los? Einige Länder der Eurozone können sich nur mit massiver Finanzhilfe der Gemeinschaft über Wasser halten und finden doch keine Ruhe. Neue Länder drohen sich einzureihen in die Schlange der Hilfsbedürftigen. Die reichen Länder, insbesondere Deutschland, versuchen möglichst wenig an ärmere und in Not geratene Länder abzugeben. Wie lange hält das eine Gemeinschaft aus, ist es noch eine? Das Vertrauen der Anleger an der Börse in die Weltwirtschaft bröckelt. Am 26.7.11 begann ein Kurseinbruch an der Börse um 15 % in wenigen Tagen! Dabei wurden etwa 2,5 Billionen US-Dollar vernichtet. Nach 2 Monaten hatte der DAX 27 % verloren. Nicht nur in Europa krieselt es, sondern auch in den USA, die in Ihrer Kreditwürdigkeit herabgestuft wurde. Wann wird Deutschland herabgestuft? Wo soll das hinführen? Steht eine neue Weltwirtschaftskrise bevor? Ein Blick in langfristige Entwicklungen gibt die Möglichkeit zumindest Tendenzen abzulesen. Das „Wir steigern das Bruttosozialprodukt“ stößt an seine Grenzen. Die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukt Deutschlands (BIP, vor 1990 BRD) hebt sich nicht sonderlich von der der Welt oder der OECD ab. Zum anderen ist da der Aktienkurs. Beide Mittellinien (s. nachfolgende Grafik BIP ab 1960 bis 2010, DAX ab 1963 bis 5.8.11) haben eine entgegengesetzte Tendenz und bedingen sich doch einander.



Wenn man sich fragt, wie es mit der Aktienentwicklung und infolgedessen mit der Wirtschaft weitergeht, ist ein Blick auf die bisherige Langzeitentwicklung aufschlussreich.
Die Tendenz des Wirtschaftswachstums geht langfristig gegen Null und wird die Diskussion, ob Wachstum ewig möglich ist, nicht verstummen lassen. Aber Kapitalismus ohne Wirtschaftswachstum ist wie Panamakanal ohne „a“. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, dass der bisherige Wachstumsprozess unendlich ist. Kapitalismus ist kein statisches, sondern ein dynamisches System. Der wiederholt sich nicht und dreht sich auch nicht im Kreis, weil er selber ein irreversibler historischer Prozess ist. Die Kapitalverwertung muss im gesellschaftlichen Maßstab ihr jeweils letztes Niveau übertreffen, wenn es weiter gehen soll. Das durch Marschallplan ausgelöste Wirtschaftswunder in der BRD ist nach dem Krieg schon lange auf dem absteigenden Ast. Wachstumsraten um 9 % gehören der Vergangenheit an. Die Abwärtsentwicklung wurde nach dem Anschluss der DDR etwas milder aber nicht aufgehalten. Die Ausschläge des Wachstums um die Nullachse werden immer größer, die Abstände immer kürzer. Aus dieser Sicht waren die hohen Wachstumsraten der letzten beiden Jahre kein Wunder, sondern eher folgerichtig, so wie der jetzt wieder folgende Abschwung. Frühindikatoren für die wirtschaftliche Konjunkturentwicklung, wie Einkaufsmanagerindex, ifo-Geschäftsklimaindex oder ZEW-Konjunkturerwartung (aktuell ein Rückgang von 40%) weisen darauf hin, dass wir uns wieder mal in Richtung „Nullwachstum“ oder darunter bewegen. Die Gefahr einer neuerlichen Rezession ist z.Z. groß. Da ist zum einen die Gefahr des Absinkens der Wirtschaft in wichtigen Industrieländern nach einer kurzen Erholung (Double Dip). Zum anderen ist da die Gefahr einer neuen Kernschmelze im Finanzsektor und nicht zuletzt eine Massenarbeitslosigkeit, wie z.Z. in Südeuropa bereits real. Viele Schwellenländer sind im hohen Maße abhängig vom Export in die Industrieländer und damit gleichermaßen von einer Rezession betroffen.
Ausgangspunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 war die Immobilienkrise in den USA. Eine der größten Blasen der Krisengeschichte platzte aber nicht in allen Ländern. In Frankreich droht die Blase noch zu platzen, in Spanien fallen die Preise bereits stark, weil Immobilien dort im Verhältnis zu Mieten und Einkommen hoffnungslos überbewertet sind. In diesen Ländern z.B. sind sie noch höher bewertet, als die der USA vor dem Platzen der Immobilienblase. In Deutschland sind Immobilien dagegen eher unterbewertet.
Der Goldpreis profitiert wie immer von der anhaltenden Verunsicherung und hat inzwischen ungeahnte Höhen erreicht. Die Talfahrt der Aktien beeinflusst auch immer die wirtschaftliche Entwicklung. Je mehr sich die Hiobs-Botschaften aus der Wirtschaft häufen, desto größer die Talfahrt der Aktien. Unvorstellbar welches Finanzvermögen (überschüssiges Geld) an der Börse eingesetzt und verzockt wird, ohne dass dabei wirtschaftliche Werte geschaffen werden.
Triebkräfte des Börsenchaos sind wieder milliardenschwere Hedge- und Investmentfonds, die mit Leerverkäufen auf Kursabsturz von Wertpapieren wetten oder mit lukrativen Kreditausfallversicherungen auf die Zahlungsunfähigkeit immer neuer Krisenstaaten spekulieren. Nach der Finanzkriese, die inzwischen eine Schuldenkrise ist, wurde wieder viel in der Politik geredet, ohne dass entscheidende Konsequenzen gezogen wurden. Zu groß die Lobby, die an der Krise noch verdient und kein Interesse an Veränderungen hat. Die politische Macht hat nur noch eine Aufgabe: Die Aufrechterhaltung der Eigentumsordnung. Das allgemeine Recht auf politische Freiheit der Meinungsäußerung und der Wahl von politischen Repräsentanten ist in der nachfeudalistischen Ordnung in der Unfreiheit begründet, über die wirtschaftlichen Prozesse mit zu bestimmen. Das wurde möglich durch die Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln, die die bürgerliche Freiheit, die unbestritten ein großer Fortschritt war, gleichzeitig stark einschränkt.
Die anhaltende Finanzkrise zeigt, dass die neoklassische Ökonomie insgesamt in der Krise steckt. Wirtschaftsliberale Neoklassiker gehen davon aus, dass der Mensch rational entscheidet. Nach der Theorie herrscht ein Gleichgewicht zwischen den Marktteilnehmern, Kosten und Preisen und Angebot und Nachfrage; frei nach dem Motto: „Der Markt wird’s schon richten“. Nur den Gefallen tut uns der wirtschaftliche Neo-Liberalismus a la Thatcher & Bush Senior nicht. Insbesondere die Finanzmärkte fallen aus dem Rahmen und bilden spekulative Blasen, die drohen alles mit in den Abgrund zu reißen. Im Moment wird der Topf wieder mal geflickt, was das Zeug hält, aber ein Loch hat er doch. Die Mikroökonomie (Betriebswirtschaftslehre) ist nicht mehr so weltfremd wie einst. Doch in der Makroökonomie (Volkswirtschaftslehre, VWL) wurden die alten Lehren, wie den Ausgleich von Angebot und Nachfrage über den Markt, spätestens seit 1929 widerlegt. D.h., glaube keiner VWL, die schon älter als 200 Jahre ist.
Die Notenbanken der wichtigsten Industriestaaten haben jüngst wieder in den Geldmarkt eingegriffen, um die Liquiditätsprobleme des Weltfinanzsystems zu entschärfen. D.h. wir haben es mit einer Finanzmarktkrise zu tun, und nicht mit einer Staatsschuldenkrise südeuropäischer Länder, die angeblich über ihre Verhältnisse leben, wie z.B. die prassenden Griechen. Letztere Krise ist allenfalls die Folge der Ersteren, und nicht umgekehrt, wie uns die Bundesregierung weismachen will. Es gibt europäische Staaten, welche über ihre Verhältnisse leben. Die wenigsten halten sich an die Maastricht-Kriterien, wonach der staatliche Schuldenstand nicht mehr als 60% des Bruttoinlandprodukts betragen darf. Auch Deutschland ist mit 73% weit über diese Grenze verschuldet, nicht nur Griechenland. Den großen Anteil an der fatalen Überschuldung haben die Banken verursacht, nicht die Staaten.
Der ökonomische Sinn von Banken ist verloren, wenn diese nicht Kredite für die Realwirtschaft vergeben, sondern Spekulationsgeschäften dienen. Der Anteil an Krediten für Unternehmen und Privatpersonen beträgt z.B. bei Deutschen Banken nur noch 34%. Der überwiegende Teil sorgt für z.B. für Preisblasen, statt Geld in reale Güter und Dienstleistungen zu investieren.
Wer die Ursachen falsch einschätzt, ist unfähig aus der Krise zu führen. Die Finanzmarktkrise, die 2008 begann, ist noch nicht überstanden und schon droht die nächste. Politiker und die durch Reichtum wirklich Mächtigen hoffen, dass es der Markt schon richten wird, nur die Folgen sind vollkommen ungewiss. D.h., es müssen Wunder geschehen um die aktuellen negativen Tendenzen an der Börse und in der Wirtschaft nachhaltig umzukehren. Die Frage ist nur: Was wenn das irgendwann nicht mehr gelingt und alles aus dem Ruder läuft? Statistiken belegen, dass mit größerer Unzufriedenheit auch aggressive Tendenzen in der Gesellschaft einhergehen.
Was kann die herrschende konservative Politik noch dagegensetzen, wenn sie es bisher nicht konnte? Konservativen Politikern wird eine größere wirtschaftliche Kompetenz zugeschrieben. Offensichtlich völlig zu unrecht. Bis zu welchem Punkt sind die Prozesse, die sich jetzt zunehmend und massiv bemerkbar machen, noch beherrschbar, wann kippt das Ganze? Folgt dem nächsten Börsenkrach wieder eine wirtschaftliche Depression mit den gleichen Folgen wie nach 1923? Der Chefvolkswirt der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD), Heiner Flassbeck meint: Das Ende der Marktwirtschaft ist gekommen! Es kann und muss politisch gegengesteuert werden, z.B. dagegen, dass der Gewinn der Wirtschaft zu 95 Prozent an die Unternehmen fließt, während Arbeitnehmer leer ausgehen. Die Unternehmen investieren entgegen den Voraussagen des Neoliberalismus ihre Gewinne nicht, sondern spekulieren damit, d.h., sie füttern den Finanzmarkt, der inzwischen zum Totengräber gesunder Wirtschaftskreisläufe geworden ist. Das Besondere ist, dass wir es heute nicht nur mit einer weltweiten Finanzkrise zu tun haben, sondern gleichzeitig auch mit einer Wirtschaftskrise und einer Krise der politischen Führung. Aber Nichts im normalen Alltag weist darauf hin, also weiter so wie bisher: Rauf auf die Titanic und ran an die Bar? Bisher sind Politiker nur Getriebene der Märkte, während das Finanzsystem ganze Staaten ruiniert. Die Finanzkrise ist vor allem auch eine soziale Krise und gefährdet Frieden und Demokratie nicht nur in Europa.
Selbst der Gründer des Weltwirtschaftsforums äußerte kürzlich, dass das Wirtschaftsmodell des Kapitalismus mit den derzeitigen Problemen überfordert ist. Es ist wohl nicht nur eine Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern eine bisher nicht gekannte Systemkrise des Kapitalismus. Kein anderer als Karl Marx hat mit Beginn des kapitalistischen Systems perfekt die Situation geschildert, die wir jetzt beobachten können. Wenn Lohnkosten reduziert werden, wenn die Produktion automatisiert wird und wenn nur noch ein Ziel zählt: noch höhere Profite. Dann tritt irgendwann die Situation ein, dass das Produzierte nicht mehr abgesetzt werden kann, weil nicht mehr genügend Kaufkraft besteht. Genau dann hat das System den Ast abgesägt, auf dem es sitzt. Den Widerspruch zwischen steigender Produktivität und stagnierender Nachfrage kann der Kapitalismus nicht lösen. Aber er würde einen Reichtum, eine Wirtschaft und eine Infrastruktur hinterlassen, mit dem Menschen nach ihren Fähigkeiten und Bedürfnisse leben können.

Entstanden ist dieser Blog während der Asienreise (s. nebenstehende Themen). Warum ich hier auch nach der Reise über politische Themen schreibe, s. auch zum Thema „Die Idee“.

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